39,90

Werbung, Konsum, Drogen und Tod – Die Geschichte eines Werbetexters.

„Alles ist käuflich: die Liebe, die Kunst, der Planet Erde, Sie, ich.“

Bei diesem Film mit dem eher ungewöhnlichen Titel handelt es Französische Verfilmung des Romans Neununddreißigneunzig von Frédéric Beigbeder, welcher aus dem Jahr 2007 stammt und autobiografische Züge des Autoren selbst trägt. Doch worum geht es in diesem Film und warum hat mich dieser so beeindruckt?

39,90 - Octave Parango - Werbung Drogen und Mord

Die Handlung

Ein junger Mann hat es geschafft – Als kreativer Kopf in einer der größten Werbeagenturen Frankreichs, Ross & Witchcraft in Paris, kann Octave Parango sich nicht beklagen. Octave verdient Geld im Halbschlaf und textet in wenigen Minuten die ganz großen Slogans der Werbeindustrie. Er kostet alle Vorzüge dieses Lebens aus und fühlt sich wohl in dieser Welt, in der die Manipulation von Menschen das Höchste Ziel ist. Als Werbetexter hat Octave Macht, Macht über das Konsumverhalten der Menschen, mit welchem er scheinbar spielerisch umgeht. Er entscheidet, was die Welt morgen kauft und das gibt ihm das Gefühl von uneingeschränkter Macht. Ein Genie seines Fachs, doch als er seine große Liebe Sophie trifft, setzt in ihm ein Prozess ein, der ihn die Welt, in der er lebt, mit anderen Augen sehen lässt. Er muss erkennen, dass er selbst ein Opfer des Systems wurde, nur ein Rad im großen Getriebe darstellt und nicht der unersetzbare Halbgott ist, für den er sich hielt. Er beginnt seine Arbeit zu verachten und versucht sich mit Drogen zu betäuben. Als er aufgrund einer Überdosis ins Krankenhaus muss, beschließt er sich zu rächen und eine Rebellion im eigenen Betrieb zu entfachen, indem er eine der wichtigsten Werbeproduktionen manipulieren will. 39,90 - Octave Parango - Werbe Genie und Feingeist und doch Opfer des Systems

Die Umsetzung

Ich habe vielleicht jetzt schon zu sehr gespoilert, aber Details blieben ja aus und auch über das Ende selbst will ich nichts weiter sagen. Dafür will ich nun auf den grandiosen Stil des Films eingehen, der mit erstaunlich vielen Elementen ausgestattet ein wirres, aber dennoch funktionierendes Gesamtbild ausmacht. Immer wieder folgen bestimmte Einblendungen, einige Szenen des Films werden mit Off-Kommentaren versehen oder im Comic Stil abgehandelt. Dies unterstreicht eine Atmosphäre, die man filmisch kaum besser hätte umsetzen können. Ein weiteres Stilmittel sind Rückblenden oder auch alternative, aber nicht offen einsehbare Handlungsstränge, die verwoben mit der eigentlichen Handlung aufkommen. Das ganze ist so Weltfremd, dass es nur eine Werbung entsprungen sein könnte und genau das tut es auch. Die Szenen, der Schnitt, die Bilder – Alles wirkt wie eine gigantische Werbung, durchdacht und untermauert mit Musik und markanten Slogans. Und im Grunde könnte man dem sogar zustimmen – Ein Werbefilm gegen die Werbung, gegen das System, welches ohne Kompromisse unser Verhalten steuern will, damit der Konsum auch den Plänen der großen Firmen entspricht. Ein eher skurriler Film, der mit schwarzem Humor und allerlei spitzen Anspielungen auf unsere Welt zum Nachdenken anregen soll. Gleichzeitig wird das Schicksal eines Kreativen geschildert, der im System der Werbebranche untergeht und in gewisser Weise von diesem auch missbraucht wird. Alles in allem ein genialer Film, der mich zutiefst beeindruckt hat. Er schafft endlich Licht in die verklärt romantische Welt der Werbung, die uns immer wieder als traumhaftes Berufsziel mit Spaßfaktor präsentiert wird. Doch am Ende dreht sich alles nur um Geld – Ein Sinnbild unserer ganzen Gesellschaft, in diesem Film interessant und deutlich behandelt, angenehm weit von Hollywood entfernt merkt man deutlich die französische Produktion an. Spitzenklasse für Fans von guten Filmen fernab des Millionenmarktes im internationalen Films.

39,90 - Octave Parango - Geld ist nicht alles

Autobiografische Bezüge

Wirklich interessant wird es jedoch, wenn man sich die Autobiografischen Hintergründe des Films bzw. der Buchvorlage des Films anschaut. Beigbeder war nämlich selbst Texter eine großen, International agierenden Werbeagentur, als er den Roman schrieb. Young & Rubicam mag uns zunächst kein Begriff sein, aber aus deren Federn stammen Texte wie „Actimel activiert Abwehrkräfte“ oder „Das Gute daran ist das Gute darin“ klingelt es jetzt bei einigen. Octave ist sein Alter Ego und laut eigenen Aussagen erfand Beigbeder diese Figur, um selbst gefeuert zu werden und der Werbeindustrie den Rücken zu kehren.

39,90 - Octave Parango - Traumwelten und Luftschlösser

Persönliches Fazit

Ein fantastischer Film, der sich tief in mein Bewusstsein gebrannt hat, vielleicht auch, weil ich irgendwie genau in diese Werbeindustrie, mehr oder weniger, zusteuere. Denn Werbung ist auch für mich ein wichtiger Begriff, der immer wieder auftaucht. Ein Blog bekannt machen, finanzielle Kostendeckung und vieles mehr. Für mich war dieser Film eine kleine Offenbarung und Warnung zugleich. Nie werde ich meine Ideale über Bord werfen, ich will kein Sklave des Systems sein!

Johann von Ti
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