Alkohol in der TV-Landschaft

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Werfen wir einen Blick auf unsere Serien- und Film-Landschaft, wird einem, zumindest wenn man darauf achtet, recht schnell bewusst, das Alkohol fest in den Formaten etabliert ist. Zunächst gar nicht mal so verwunderlich, so sind Serien und Filme zwar fiktiv, spiegeln aber letztlich auch immer unserer Realität oder zumindest Facetten davon wieder. Es werden menschliche Charaktere geschaffen, die wie wir selbst Stärken und Schwächen besitzen und so – mal mehr, mal weniger – durchs Leben stolpern. Dass diese fiktiven Charaktere dann eben auch in Berührung mit Alkohol kommen, ebenso wie wir selbst in unserem Alltag, ob nun aktiv oder passiv, ist wenig verwunderlich. Dennoch war ich überrascht, wie groß die tatsächliche Präsenz von Bier, Wein und Spirituosen im deutschen Fernsehen ist.

Laut einer Studie der Universität Würzburg aus dem Jahr 2018, welche im Auftrags des Bundesministerium für Gesundheit durchgeführt wurde, nehmen legale Drogen, allen voran Alkohol, in der deutschen Fernsehlandschaft einen nicht zu unterschätzenden Anteil ein. In sechs von zehn TV-Sendungen ist Alkohol zu sehen, in vier von zehn wird er konsumiert. Das klingt zunächst vielleicht gar nicht mal so viel, wenn man aber bedenkt, dass dabei das gesamte Programm einer „natürlichen“ Woche auf ProSieben, RTL, Das Erste, ZDF, Sat.1, RTL Nitro und RTL2 quantitativ ausgewertet wurde, ist das schon eine Ansage. Dabei wurde auf sieben aufeinanderfolgenden Tagen das Programm der Sender von 13-22 Uhr untersucht. Die Wahl der Sender erfolgte übrigens auf Basis der Beliebtheitswerte von Jugendlichen. Für mich überraschend: Fast in jedem Spielfilm (95,8 Prozent) wurde Alkohol getrunken. Aber auch Serien (61,2 Prozent) oder Soaps (45,8 Prozent) hatten „stramme“ Werte, was den gezeigten Alkoholkonsum anbelangt.

Alkohol als Stilmittel

Nun finde ich das für sich genommen weder gut, noch wirklich bedenklich. Wie schon gesagt: Natürlich sind TV-Angebote fiktiv, aber spiegeln eben auch Teile der Realität wieder. Mit meinen Freunden gehe ich auch gerne mal in eine Bar, trinke ein paar Biere oder gelegentlich Cocktails, und verbringe einen entspannten Abend. Und natürlich bieten After-Work-Drinks oder Liebeskummer-Shots auch ideale Grundvoraussetzungen, um unerwartete Ereignisse und Personenkonstellationen zu schaffen, um eine lustige Handlung erzählen zu können. Entsprechend kann ich verstehen, wenn vor besonders Comedyserien mit Alkohol „spielen“. In dieser Infografik wird jedoch ersichtlich, dass es wohl keine wirklichen Genre-Grenzen für die Darstellung von Alkoholkonsum in Serien-Formaten zu geben scheint. Ob nun in der Comedyserie Frasier Weißwein, in der Drama-Serie Mad Men eindeutig Whisky oder in der Fantasy-Serie Game of Thrones, in den ersten Staffeln besonders von Tyrion Lannister getragen, Rotwein konsumiert wird, die Charaktere greifen gerne zu Glas, Flasche oder Kelch.

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Egal ob Comedy, Drama oder Fantasy: In Serien wird oft und viel getrunken und das zeigt sich auch in diesem Ausschnitt einer Infografik. Bildquelle: betway.com/de

Dabei werden die alkoholischen Getränke auch gerne genutzt, um die verschiedenen Charaktere zu stilisieren. In Film und Serien machen nicht nur Kleider Leute, Drinks wohl auch. Dabei werden gerne Stereotypen bedient, wie die Frauentruppe um Carrie Bradshaw (Sex and the City), welche Großstadtdschungel eben am liebsten Cosmpolitan trinken. Währenddessen frönt Werbefachmann und Anzugträger Don Draper (Mad Men) im New York der 1960er Jahre eben eher dem Whisky. Und die bunte Truppe im Leslie Knope (Parks and Recreation) greift vor allem zum Bier.

Fazit

Eine Sache stört mich dann aber doch ein wenig. So finde ich es zwar in Ordnung, dass der dargestellte Alkoholkonsum zum einen unsere Realität widerspiegelt, zum anderen als Stilisierung genutzt wird, auf der anderen Seite empfinde ich es aber als bedenklich, dass damit so wenig reflektierend umgegangen wird. So wird in der bereits erwähnten Studie der Universität Würzburg unter anderem festgestellt, dass die Alkoholkonsum zwar vielfach gezeigt, aber eben selten thematisiert wird. Das heißt zumeist wird eben unkommentiert der Konsum gezeigt, was nachvollziehbar, aber eben in diesem Umfang nicht völlig unproblematisch erscheint. Denn die massive Präsenz im alltäglichen TV-Programm spiegelt natürlich nicht die Realität wieder.

Jedoch bleiben Filme und Serien letztlich Unterhaltungsprodukte, die für mich nicht die Aufgabe übernehmen sollten, bestimmte Ideale pauschal und künstlich zu bedienen (Drogen sind schlecht, Mkayy). Natürlich lässt sich nicht abstreiten, dass ein gezeigter Alkoholkonsum unter anderem dazu anregen kann, zur Flasche zu greifen. Jedoch kann hier dem Unterhaltungsmedium allein nicht die Verantwortung übertragen werden. Ein gesunder Umgang mit Alkohol will gelernt, vermittelt sein und fällt für mich in den Bereich Bildung. Und die Bildung sollten wir wohl eher nicht in die Hände der Unterhaltungsmedien legen. Medienkompetenz ist hier DER Aspekt, der in meinen Augen deutlich wichtiger und effektiver ist, als zum Beispiel die Forderung von Verboten. Zwar spiegeln Filme und Serien Teile unserer Lebensrealität wieder, sind aber letztlich dennoch fiktiv und dienen allein der Unterhaltung. Sind also keine Beispiele dafür, wie man sein eigenes Leben führen könnte oder sollte.

Diese Meinung verstärkte sich weiter, als ich den Blick auf mein Steckenpferd, die Videospiele, lenkte. Denn obwohl sich Filme und Serien nur bedingt mit Videospielen vergleichen lassen, handelt es sich doch immer um Formen von Unterhaltungsmedien. Der größter Unterschied ist dabei wohl, dass Videospiele eben interaktiv sind. Und auch hier gehen wir ja wohl davon aus, dass wir etwas spielen und konsumieren können, ohne dass dies einen direkten Einfluss auf unser alltägliches Leben nimmt (ähnlich wie die Debatten um Zensur in Videospielen).

Johann von Ti
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