Kritik zu The Disaster Artist

Ein Film über den Willen seine Träume zu leben, egal wie steinig sich dieser Weg gestaltet.

Ich sag es, wie es ist: Den Kultfilm The Room aus dem Jahr 2003 kannte ich lange Zeit nur aus Memes oder GIFs aus dem Internet. So richtig auf dem Schirm hatte ich diesen Film nie, geschweige denn auf meiner Watch-List. Aber als ich mit meinem Freundeskreis anfing, regelmäßige Trash-Filmabende zu veranstalten und uns so langsam die Ideen ausgingen, warf ich The Room in den Raum (haha), war mir aber selbst nicht im Klaren, was da eigentlich auf uns zukommt.

Irgendwas zwischen fassungslos und zum Heulen, daran kann ich mich gut erinnern, aber letztendlich überwog doch die Belustigung darüber, wie unglaublich schlecht und gleichzeitig unterhaltend ein Film sein kann. Wir waren uns einig: So etwas wie The Room hatte noch keiner von uns gesehen und so etwas wird es auch lange Zeit nicht noch einmal geben, wenn überhaupt.

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Die Vorlage: The Room

Aber ganz von vorn: 2003 kommt Tommy Wiseau gemeinsam mit seinem Kumpel Greg Sesterio auf die Idee, selbst einen Film zu drehen, nachdem es mit der Schauspielerei bei beiden nicht richtig klappen wollte. Ohne viel Erfahrung, wie so etwas überhaupt geht, schreibt Tommy ein Drehbuch und übernimmt zusätzlich noch die Regie sowie die Produktion. Knapp 6 Millionen US-Dollar kostet der Film letztendlich (behaltet das im Hinterkopf, wenn ihr euch den Film reinzieht). Woher Tommy das Geld hat? Bis heute nicht bekannt.

Warum redet er so komisch? Unklar. Woher stammt Tommy eigentlich? Ein Mysterium. Wieso hat er immer so fettige Haare? Niemand weiß es.

Nachdem letztendlich alle Rollen durch ein großes Casting (tausende sollen gekommen sein, ist klar) besetzt waren, ging es ab an den Dreh und der Film wurde innerhalb von 6 Monaten fertiggestellt. Mit Einzelheiten über Besetzungsschwierigkeiten und etlichen erzählerischen Schwächen innerhalb der Dialoge lasse ich euch an dieser Stelle mal verschont, vor allem weil ich hier keinen spoilern möchte und sich jeder selbst ein Bild von diesem Meisterwerk machen sollte.

So viel zur Vorgeschichte. Es ist keine große Überraschung, dass der Film nur knapp 14 Tage in zwei ausgewählten Kinos lief und in diesem Zeitraum auch gerade einmal 1.800 US-Dollar einnahm. Über die Zeit hinweg entwickelte sich das Werk jedoch zu einem regelrechten Kultfilm, was James Franco dazu veranlasste, das von Greg Sesterio 2013 veröffentlichte Buch The Disaster Artist zu verfilmen. In dem Buch geht es hauptsächlich um die Hintergrundgeschichte und die Dreharbeiten zu The Room. Wer es noch nicht mitbekommen hat: James Franco bekam für seine Rolle als Tommy Wiseau einen Golden Globe und sogar eine Oscar-Nominierung als Bestes adaptiertes Drehbuch kann der Film bis jetzt verzeichnen.

The Disaster Artist

Letztes Wochenende kam ich nun auch in den Genuss The Disaster Artist sehen zu dürfen – in Originalton wohlgemerkt, wofür ich extra nach Hamburg gefahren bin.

Doch das war es auf jeden Fall wert, denn lange war ich von einem Film nicht mehr so begeistert wie von diesem. Wo soll ich anfangen?

The Disaster Artist beschäftigt sich zu Beginn mit der Freundschaft von Tommy und Greg, von der ersten Begegnung der beiden bis hin zu dem Entschluss nach LA zu fahren und dort ihren eigenen Film zu verwirklichen. Trotz der Tatsache, dass man als Zuschauer (und kenner von The Room) bereits vorab weiß, wie lächerlich und erfolglos das Projekt der beiden wird, fiebert man die ganze Zeit mit den Hauptcharakteren mit und hofft, dass am Ende doch noch alles gut für sie ausgehen wird. Es geht aber auch um den Willen, seinen eigenen Traum zu leben und die damit verbundenen Rückschläge und Enttäuschungen, die einen auf dem Weg widerfahren. Dabei zeigen James Franco, der Regie geführt hat, und die beiden Drehbuchautoren Scott Neustadter und Michael H. Weber stests großen Respekt vor Tommy’s Vision und ziehen diese nie ins Lächerliche, was übrigens ein Einfaches gewesen wäre. Vielmehr gibt das teils skurrile Auftreten von Tommy und seine tiefe Verbundenheit zu Greg oft Grund zum Schmunzeln. Zur Besetzung zählen neben James Franco in der Hauptrolle übrigens auch die üblichen Verdächtigen, die schon in mehreren Filmen und Projekten zusammengewirkt haben: Dave Franco als Greg, Seth Rogen und Zac Efron zählen zur Hauptbesetzung, aber sogar Bryan Cranston, J.J. Abrams und Zach Braff haben einen Gastauftritt.

Besonders hervorzuheben ist hier wirklich das Schauspiel von James Franco: In einer Art, die ich niemanden zugetraut hätte, schafft er es, den Gesichtsausdruck und die besondere Sprachweise von Tommy Wiseau beinahe perfekt auf die Leinwand zu bringen. Trotz des leicht weggetretenen Gesichtsausdrucks gibt er dem Charakter stets die nötige Tiefe und reißt den Zuschauer so auf seine Seite. Nicht zuletzt Tommy’s herrliche Naivität und seine Art die Dinge einfach so anzupacken, wie es ihm gerade passt (auch wenn er davon keine Ahnung hat), sondern auch James Franco’s geniales Schauspiel sorgen für die große Sympathie, die man gegenüber der tragenden Person empfindet.

Von merkwürdigen „Star“-Allüren am Set über verpasste Karrierechancen bis zu einer verschmähten Freundin ist in dem Film für jeden etwas dabei – wobei man den Film doch letztendlich als eine einzige, große Liebesgeschichte zwischen Tommy und Greg verstehen könnte.

Die Handlungen der einzelnen Personen sind stets nachvollziehbar, auch wenn gerade Tommy dabei oft die Strenge schlägt.

Fazit

Ihr merkt, The Disaster Artist ist eher ein Film, bei dem Tommy im Mittelpunkt steht, auch wenn die Handlung zunächst aus Greg’s Perspektive erzählt wird. Nicht umsonst stand Tommy Wiseau mit auf der Bühne, also James Franco seinen Preis als bester Hauptdarsteller bei den Golden Globes entgegen nahm.

Müsste ich dem Film eine Punktzahl geben, wäre es eine gute 8/10, und das will bei Komödien schon was heißen. Letztendlich kann ich jedem Fan von The Room nur dringendst empfehlen, sich The Disaster Artist anzusehen – am besten natürlich im Originalton und mit Freunden, denn man hat danach ordentlich Gesprächsstoff!

Elena
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