Surfen immer und überall – ist das noch gut?

Schädigt mobiles Internet unsere Sozialkompetenz und drohen wir alle Handy Zombies zu werden?

Man kann es sich heute kaum vorstellen: Aber als ich ein Kind war, gab es keine Smartphones und mit Handy konnte man lediglich mobil telefonieren und auf nicht farbigen Bildschirmen kleine Minispiele zocken – Heute sieht die Sache aber schon ganz anders aus und wir sind eigentlich permanent online. Wer das Haus verlässt, aktiviert die mobilen Daten und nutzt Dienste wie WhatsApp zur Kommunikation, streamt Musik von diversen Anbietern oder schaut sogar einen Film – Alles einfach so und mithilfe des mobilen Netzes, welches durchaus als gut ausgebaut erachtet werden kann. Der Einfluss dieser Möglichkeiten ist enorm; Unterwegs beantworte ich zum Beispiel täglich zahlreiche E-Mails und betreibe einen großen Teil meiner täglichen Kommunikation auch über WhatsApp. Doch ist das nicht alles zu viel und drohen wir in den Weiten des Internets zu versinken und unseren realen Bezüge zur Welt zu verdrängen?

Fortschritt – Muss das sein?

Die Frage wird oft von Kritikern in den Raum geworfen, die meist nicht wirklich Ahnung von der Materie und dem damit verbundenen technischen Fortschritt haben. Ein Totschlagargument ist oft: „Der technische Fortschritt kann nicht endlos betrieben werden, mehr als jetzt benötigen wir nicht“. Diese Aussage ist jedoch Fatal, impliziert man einfach unsere Geschichte in diesen Zusammenhang. Was wäre wohl gewesen, wenn schon der Urmensch nach den ersten Versuchen Werkzeuge zu nutzen gesagt hätte: „Also dann reicht es aber auch“ und wir würden heute in Höhlen hausen und uns mit wilden Tieren schlagen. Fortschritt ist ein Teil der Menschheit und macht uns aus, dabei will ich aber nicht sagen, dass Fortschritt um jeden Preis betrieben werden müsste und dass man hier ohne Bedenken handeln kann – Im Gegenteil, mit dem Fortschritt wird auch immer eine enorme Verantwortung gebunden und diese wird oft missbraucht – Ein Beispiel wäre wohl die Waffentechnik, die seit frühsten Tagen immer weiter entwickelt wird – Fatal! Doch ich schweife ab, so weit wollte ich gar nicht gehen. Die Kernaussage bleibt: Fortschritt ist natürlich und kann nicht aufgehalten werden.

Nutzung von mobilem Internet von 2012 - 2014

Kommunikation auf neuen Wegen

Und da wären wir auch schon beim besagten Fortschritt; Das wir mobiles Internet nutzen können, hat unsere Möglichkeiten der Kommunikation enorm gesteigert und uns viele Möglichkeiten ermöglicht. Dabei sehe ich es nicht als Verlust von Kommunikation im echten Leben an, sondern als Ergänzung. Wer kennt es nicht; Vor einem Partygang schreibt man die ganze Gang an und verabredet noch schnell und vor allem spontan einen Treffpunkt. Oder man schreibt, so wie ich, dem besten Freund in Neuseeland und erfährt von seinen Abenteuern. Diese Form der Kommunikation ist alltäglich und sicher einem Gespräch von Angesicht zu Angesicht in keiner Weise gleichzuschalten, jedoch ermöglicht es eine einfache und beständige Kommunikation, die angenehm ist. Ich muss keine teure SMS schreiben oder ein teures Telefonat führen; Die Nutzung des Internets genügt völlig. Hier kann man sogar, (wenn der Tarif für das mobile Internet stimmt) telefonieren und Videogespräche führen (vor ein paar Jahren war das noch pure Zukunftsmusik und reine Science-Fiction). Und nein; Man ersetzt damit die normale Kommunikation nicht, man bereichert sie. Wichtig ist wie bei allen technischen Neuerungen der Umgang mit diesen und da muss man einigen Kritikern recht geben; Hier gibt es negatives Potenzial.

whatsapp-logo

Die Probleme

Ein Beispiel zeigt recht deutlich das Problem: Geht man in größeren Städten der Welt an bestimmte Plätze, kann man durchaus Warnschilder finden, welche vor dem „vertieften Tippen während man läuft“ warnen. Die Problematik ist die Tatsache, dass viele ihr Smartphone auch beim überqueren von Straßen nutzen und sich dabei in große Gefahr bringen. Dies ist tatsächlich eine Gefahr, diese ist jedoch völlig von der Technik selbst unabhängig und ist auf das Fehlverhalten und Unvorsichtigkeit der Betroffenen zurückzuführen. Ein anderer Punkt ist eine Einschränkung in der direkten Kommunikation, die bei Gruppen von Smartphone Nutzern festgestellt werden kann. Bei diesem, ich nenne es mal Phänomen, wird in einer eigentlichen Gesprächsrunde nicht geredet, sondern alle Teilnehmer kommunizieren mit ihren Handys mit anderen Personen oder beschäftigen sich anderweitig. Persönlich habe ich die Erfahrung in meinem echten Freundeskreis jedoch nicht machen können, eher in sozialen „Zwangsgemeinschaften“ wie in der Schule oder der Uni (oder Arbeit) kommt es zu solchen Situationen. Die Antwort scheint logisch; Das Smartphone (mit Internet) bietet eine erhöhte Möglichkeit der Wahl der Kommunikations-Partner oder des Zeitvertreibs. Früher kam man um ein Gespräch mit den Kollegen kaum herum, da es in Pausen nichts zu tun gab. Nun kann man selbst entscheiden, wem man seine Gedanken mitteilt oder was man genau macht. Man schaut ein Video, spielt ein Spiel oder begafft Facebook und Instagram Beiträge (schrecklich…). Jetzt kann man diesen Menschen vorwerfen, sie würden den Kontakt zur realen Welt verlieren und sich abkapseln von der Gemeinschaft, aber davon kann nicht die Rede sein. Es handelt sich um keine Abschottung oder dergleichen, sondern um eine andere Form der Kommunikation mit ausgewählten Partnern. Jedoch muss ich gestehen: Auch diese Argumentation ist ein zweischneidiges Schwert, denn die direkte Kommunikation kann durchaus leiden. Hier ist es wieder der Umgang mit den gebotenen Mitteln, der entscheidet. Bei den besten Freunden bleibt das Handy gefälligst in der Tasche (und das ist eigentlich auch normal bei mir).

laptop-handy-tablet

Wo liegen die Ursprünge?

Diese Probleme haben, wie schon erwähnt, mit dem richtigen Umgang mit der Technik zu tun. Doch woher kommen diese Kompetenzprobleme? Diese liegen heute klar in einem allgemeinen Sozialisierungsproblem, welches in unserer Gesellschaft Einzug gehalten hat. Der Kapitalismus ist die für uns wohl am besten umsetzbare und damit am ehesten funktionierende Wirtschaftsform, sie hat aber auch ihre Schattenseite, die nicht verkannt werden darf. Geld regiert die Welt und leider färbt das auch auf die Menschen ab; Es kommt zu einer Art Lethargie, bei der alles ausgeblendet wird, was dem persönlichen Interesse und oder Vorteil nicht gerecht wird. Die Möglichkeiten von Handy und Internet nun jederzeit entscheiden zu können, mit wem ich kommuniziere, lassen uns also auch die Möglichkeit, potenziell neue und positive Erfahrungen nicht zu machen. Wir verpassen also etwas und beschränken uns mit dem bekannten. Das Problem sitzt also tief, ist jedoch (zum Glück) bei weitem nicht so radikal ausgeprägt, wie es oft dargestellt wird. Die Menschen interessieren sich durchaus für mehr als ihren Wohlfühlbereich, dennoch gibt es ein Potenzial, welches sich vereinzelt zeigt und damit durchaus Handlungsbedarf offenlegt.

Fazit

Damit wird deutlich; Der persönliche Umgang mit dem Smartphone ist entscheidend und bestimmt über positive und negative Effekte, die bei Nutzung auftreten können. Und auch wenn zur Vorsicht geboten ist; Wir werden keine herzlosen Handy Zombies, sondern wir erweitern lediglich unsere Möglichkeiten der Kommunikations-Nutzung. Die Grenzen werden dabei nicht vom technischen Fortschritt festgelegt, sondern von uns als Nutzer bzw. Konsumenten. Wir müssen nicht jeden Tage der Woche 24 Stunden online sein oder abrufbar sein, wir entscheiden wie wir diese Möglichkeit nutzen wollen. Dabei sollte jeder darauf achten, dass er seinen persönlichen Weg findet.

Das war jetzt aber sehr… umfangreich und doch könnte man Bücher mit dieser Thematik füllen. Ich hoffe der kleine Exkurs war leicht verständlich und nicht zu langweilig. 😉

Johann von Ti
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