Warum Facebook stirbt

Kommerzialisierte Medien bieten für User keinen Mehrwert.

Viele User können sich kaum vorstellen, dass Netz-Giganten wie Facebook früher oder Später von der digitalen Bildfläche verschwinden werden und anderen Portalen Platz machen müssen. Tatsächlich ist Facebook für Internet-Verhältnisse schon ein recht alter Haudegen und es überrascht, dass das Plattform überhaupt noch so frequentiert ist. Doch tatsächlich steht es nicht wirklich gut um das „soziale Netzwerk“, wobei der beste Beweis dafür wohl die aktuellen Werbespots der Plattform sind, die Usern aufzeigen, wie man bestimmte Inhalte auf der Seite nicht mehr angezeigt bekommt oder seine Privatsphäre Einstellungen richtig nutzt. Allein dass man dafür Werbung machen muss, spricht Bände, denn wie kann es überhaupt dazu kommen, dass man Nutzern sagt, wie sie bestimmte Inhalte ausblenden können?

Facebook als Werbeplattform

Der Grund ist leicht zu finden: Facebook funktioniert heute als gigantische und perfektionierte Werbeplattform, getarnt als „soziales Netzwerk“. Wir können Freunde sammeln, Seiten mit „Gefällt mir“ markieren und neuerdings auch ungewollt Videos schauen. Facebook hat es über die Jahre geschafft, alle sozialen Inhalte des Netzwerks in den Hintergrund zu drängen und mit Werbung zu ersetzen, ohne dass es dem Nutzer direkt auffällt. In der Timeline sehen wir zwar durchaus Inhalte die uns zum Teil interessieren, das liegt aber allein daran, dass wir mit personalisierter Werbung beschallt werden. Wir sehen Inhalte, bei denen Firmen dafür zahlen, dass sie uns angezeigt werden. Dieses perfide Werbe-Methodik geht sogar soweit, dass die „Gefällt mir“ Angabe nur noch einen geringen Wert besitzt, weil Usern nicht automatisch Posts von Seiten gezeigt wird, die sie mögen. Dafür werden die Besitzer der Facebook-Seiten dazu angehalten, Geld zu investieren, damit Fans der Seite die Beiträge überhaupt angezeigt bekommen. Ansonsten erreicht man nur einen geringen Bruchteil der eigentlichen Fanbase. Man muss also Geld zahlen, damit interessierte Fans überhaupt die Inhalte sehen. Und das ist auch der Grund, warum wir auf unsere Timelines mehr und mehr Inhalte sehen, zu denen wir gar keinen Bezug haben, weil nur noch Finanzstarke Firmen ihre Beiträge breit aufstellen können. Diese sind dann natürlich auch die, die versuchen mit den geteilten Botschaften Profit zu generieren, wir sehen also nur getarnte Werbung. Das ist doppelt dreist, weil Facebook neben dieser getarnten Werbung auch noch offizielle Werbung zeigt – Faktisch besteht Facebook zu einem Großteil nur noch aus Werbeanzeigen, manchmal getarnt, manchmal gekennzeichnet.

Probleme einer kommerzialisierten Plattform

Doch bringt diese kommerzialisierte Form des „social Media“ auch große Probleme mit sich, weil alle nicht Profit orientierten Inhalte plötzlich ins absolute Hintertreffen geraten. Wer kein Geld einnimmt, wird auch kein Geld in Facebook Werbung investieren. Besonders dann, wenn man dafür zahlen soll, User mit Posts zu versorgen, die sowieso schon die Seite „liken“. Diese Seiten verzichten demnach auf Werbung und haben dann folgenden Effekt, den sogar ich massiv mit meiner kleinen Seite zu spüren bekomme: Von über 500 Usern die meine Facebook-Seite mit „Gefällt mir“ markiert haben, erreiche ich ca. 20. Das wird nur besser, wenn ich Bilder oder Facebook-Videos poste, die keine externen Links enthalten. Logisch: Facebook will User auf der Plattform halten und von User generierten Inhalten profitieren. Denn nur auf Facebook und den von Facebook aufgekauften Seiten kann die personalisierte Werbung gezielt eingesetzt werden, was dem Unternehmen jährlich höhere Gewinne einbringt. Auf Kosten jeglicher Unabhängigkeit oder Eigenständigkeit der User. Die Folge: Mehr und mehr Nutzer sind von den Inhalten auf Facebook genervt, weil sie mehr oder minder merken, dass sie nur noch Werbung dargestellt bekommen oder Inhalte, die krampfhaft gegen die kommerzialisierten Mechanismen von Facebook ankämpfen. Das Problem dieser Inhalte ist direkt mehrgliedrig zu sehen: Die wenigen Seiten auf Facebook, die heute noch ohne große Werbe-Investitionen viele User erreichen, setzen auf Bilder. Bilder (oder eben neuerdings auch Videos) haben den Vorteil, dass sie für Facebook Inhalte „generieren“/sind. Memes sind im Netz extrem beliebt und unsagbar viele Facebook-Seiten stehlen aus den Weiten des Netzes Memes und verbreiten sie dann auf Facebook (einige erstellen natürlich auch eigene Inhalte, keine Frage). Das bringt Facebook insgesamt durchaus Vorteile, weil User auf Facebook verweilen, weiterhin personalisierte Werbung angezeigt bekommen. Doch führt genau das dazu, dass man neben der Werbung nur noch Inhalte sieht, die krampfhaft darauf ausgelegt sind, geteilt zu werden, indem man zum Beispiel andere Nutzer unter diesen markiert. Und genau davon sind dann wieder mehr und mehr Nutzer genervt und kehren Facebook mehr und mehr den Rücken.

Angriff als beste Verteidigung

Facebook hat darauf lange Zeit völlig unbeeindruckt reagiert und lediglich eine Strategie verfolgt: Statt eigene Konzepte zu ändern, hat man jegliche Konkurrenz aufgekauft. Instagram hätte einer der Facebook-Killer werden können, weil Inhalte in Form von Fotos und Bildern auf dieser Plattform durch die zentralisierte Stellung enorm beliebt wurden. Die Folge: Tausende Nutzer, die gerne Bilder teilten oder online stellten, kehrten Facebook den Rücken und wanderten zu Instagram ab. Der Gefahr bewusst kaufte Facebook Instagram und nun ist die ehemals recht freie Bilder-Plattform vollständig mit dem Werbe-System von Facebook verwoben. Wer heute auf Facebook eine Werbe-Kampagne starten will, wird dazu angehalten, parallel auch auf Instagram zu werben, auch wenn man dort gar keinen Account hat. Widerlich. Ein anderes Beispiel: WhatsApp. Mit dem Kauf des unabhängigen Messengers schaffte man es, den größten Konkurrenten in der direkt-Kommunikation auszuschalten. Und ganz nebenbei hat man nun Zugriff auf Millionen-Handy-Nummern, die für personalisierte Werbung von enormer Bedeutung sind. Diese aggressiven Übernahmen im großen Stil sind wohl die wichtigsten Gründe, warum Facebook heute überhaupt noch eine „bedeutende“ Rolle in der Netzwelt spielt.

Naivität der Nutzer & die Gefahr der Meinungsblasen

Nun erfolgte aber nach Jahre eine erste Reaktion von Facebook, die direkt die eigenen Plattform betrifft, dabei aber keine innovativen Änderungen bringt, sondern lediglich zeigt, wie User sich selbst Werbe-personalisieren können. Faktisch sollen sie alles ausblenden, was ihnen nicht gefällt; Die Folge – Sie sehen lediglich Inhalte, die Ihnen gefallen, wodurch Facebook letztlich nur noch die Werbung zeigt, die User interessieren, wodurch wiederum Interaktionen mit den Werbe-Botschaften erreicht werden, was diese personalisierte Werbung so verdammt Effektiv macht – Zum Nachteil der Nutzer. Ein anderes, ebenso problematisches Phänomen ist, dass eine Sphäre um den Nutzer herum entsteht, durch die nur noch das dringt, was er gerne sehen will. Damit wird aber die Realität vollkommen ausgeblendet, was zahlreiche negative Aspekte mit sich bringt. In den „Meinungsblasen“ wird uns nur noch das gezeigt, was wir eh schon glauben, auch wenn es totaler Mist ist. Ein Neo-Nazi wird demnach mit Posts Rechtsradikaler Gruppen versorgt und erhält nebenher noch „Fake-News“ von der vermeintlichen „Gefahr der Flüchtlinge“, die seine eigene Einstellung weiter untermauert. Dies nur als „negativ“ Beispiel, denn das ganze funktioniert natürlich auch anders herum. Das gestörter Verhältnis vieler User zu den klassischen öffentlichen Medien wie den offiziellen Nachrichten oder Zeitungen verstärkt das noch, sodass eine erst einmal geprägte Meinung nur noch schwer geändert werden kann, weil User immer weniger mit anderen Meinungen konfrontiert werden oder andere Sichtweisen näher gebracht bekommen. Das ist nicht allein ein Problem, welches von Facebook ausgelöst wird, dennoch trägt die Plattform maßgeblich dazu bei, dass diese Problematik vorangetrieben wird.

Fazit

So oder so verliert Facebook für einen aufgeklärten User mehr und mehr an Bedeutung, weil die Plattform keine Funktionen mehr bietet, die nicht durch kommerzialisierte Prozesse untergraben wird. Es macht für mich als Blogger keinen Spaß und kaum noch Sinn, Inhalte auf Facebook zu teilen, wenn man nicht bereit ist, dafür zu zahlen oder eben auf den „Clickbait“ Zug aufzuspringen. Nutzer haben wiederum kaum noch die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, welche Inhalte sie sehen wollen, sondern dürfen wählen, welche Werbung ihnen angezeigt wird. Facebook ist schon viel zu lang in einer wichtigen Netz-Position und hat alle Werte einer sozialen Plattform über Bord geworfen. Ich kann nur raten, dieser Werbe-Hölle so bald wie möglich den Rücken zu kehren und endlich einen jungen und modernen Nachfolger zu küren. Oder zumindest auf Konkurrenten wie Twitter umzusteigen, meiner aktuell klar bevorzugten Plattform.

Johann von Ti
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Phinphin
2. Januar 2017 16:39

Das mit der Reichweite bei Beiträgen kann ich bestätigen. Von 45 Fans, bekommen meist nur 6-10 meine Beiträge angezeigt. Manchmal geht Facebook sogar so weit, dass ich nicht mal selbst (mit meinem Privataccount) die eigenen Beiträge (meines Blogaccounts) angezeigt bekomme. Da fasst man sich doch an den Kopf.

Johann von Ti
Reply to  Phinphin
6. Januar 2017 10:32

Geht mir ähnlich. Habe mich die letzten Wochen mehr und mehr aus Facebook zurückgezogen und verweile nun bei Twitter. Ich liebe das Konzept, komplett selber zu entscheiden, von welchen Personen ich Mist lesen/sehen will. Und die 1-2 gesponserten Posts verkrafte ich dann auch noch.

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