Wie eine Gruppe Studenten die Casinos besiegten

Zu sehen ist ein Blackjack-Tisch auf dem einige Karten und Spielchips liegen. Eine Hand deckt spitzen Fingern zwei Karten auf.

Eigentlich gewinnt das Haus ja immer – das sagt schon der festgeschriebene Hausvorteil, welcher den Casinos immer einen statistischen Vorteil gegenüber dem Spieler gewährt und so langfristig den finanziellen Gewinn des Casinos sicherstellt. Egal wie viel Glück man also hat – die Macht der Zahlen ist auf lange Sicht immer auf der Seite des Hauses. Außer man spielt das Spiel der Casinos nicht mit und verbessert seine eigenen Chancen.

Das Haus gewinnt immer, oder etwa doch nicht?

Das schaffte einst das MIT Blackjack Team. Zunächst als studentischer Klub gegründet, in welchem die Mitglieder entspannt Karten spielen konnten, erwuchs daraus die Idee, mit spezialisierten Kartenzähltechniken bei Spielen wie Blackjack zu gewinnen. Das MIT Blackjack Team bestand aus einer Gruppe Studenten und ehemaligen Studenten des Massachusetts Institute of Technology (MIT), die aufgrund ihrer mathematischen Fähigkeiten auf die Idee kamen, die großen Casinos schlagen zu wollen. Dabei sollten die Spieler ihre Fähigkeiten und Strategien gemeinsam nutzen, um die Gewinnchance für das eigene Team zu maximieren. Dabei spielte also nicht mehr der Einzelne gegen das Haus, sondern das gesamte Team.

Die Anfänge des MIT Blackjack Teams

Die Anfänge liegen wohl im Jahr 1979, als J. P. Massar, einer der Gründer des MIT Teams, einen Lehrgang namens „How to Gamble if You Must“ ganz regulär am MIT unterrichtete. Unter anderem ging es hier bereits um Kartenzähltechniken, welche im Blackjack Anwendung finden. Schon zu diesem Zeitpunkt soll Massar erste Versuche unternommen haben, ein MIT Team aufzustellen. Das Unterfangen scheiterte jedoch, da die gewünschten Erfolge und Gewinne ausblieben.

Im Mai 1980 kam es zu einem entscheidenden Treffen: Massar lernte Bill Kaplan in Cambridge kennen. Kaplan hatte bereits seit einigen Jahren ein eigenes Blackjack-Team gegründet und war unter anderem in Las Vegas damit recht erfolgreich gewesen. Massar bat Kaplan um Hilfe, um die Gründe des Versagens seines eigenen Teams aufzudecken. Tatsächlich ließ sich Kaplan darauf ein und beobachtete Massars Team. Schnell stellte er fest, dass das MIT Team ganz grundlegende Fehler beging. Auch war es problematisch, dass die einzelnen Mitglieder jeweils unterschiedliche Zählstrategien verfolgten und so nicht effektiv als Team agieren konnten.

Die Strategie geht auf – das Team gewinnt

Kaplan stieg in das MIT Team ein und stellte einige Grundregeln auf: Klar definierte Abläufe mussten von allen Team-Mitgliedern strikt eingehalten werden. Das gesamte Team musste auf ein bestimmtes Kartenzählsystem setzen. Auch die Einsätze mussten nach klar definierten Richtlinien gesetzt werden. Zusätzlich wurde hartes Training aller Team-Mitglieder zur Pflicht, während neue Spieler sich zunächst beweisen mussten, um überhaupt ins Team einsteigen zu können. Letztlich waren alle im Team verpflichtet, jegliche Gewinne in den Casinos im Detail aufzulisten.

An den Start ging das MIT Team dann im August 1980 – mit einem Kapital von gut 89.000 US-Dollar wurden zehn Spiele angesetzt, in welchen sich das neu aufgestellte Team beweisen sollte. Tatsächlich konnte das Startkapital bereits nach wenigen Wochen verdoppelt werden – die Team-Strategie ging auf. Durch geschicktes und vorsichtiges Vorgehen konnte das Team seine Masche recht lange durchziehen – 1984 musste Mitgründer Kaplan sein Wirken im Team einstellen – er war in den Casinos zu sehr aufgefallen und wurde leicht entdeckt und des Hauses verwiesen. Das MIT Team spielte jedoch weiter und agierte mit mehr als 70 Mitgliedern bis 1989 in zahlreichen Casinos in den USA und Kanada.

Der Anfang vom Ende für das Kartenzählen

1989 wurde das ehemalige Team von Kaplan nochmals neu strukturiert und aufgestellt. Unter dem Namen „Strategic Investments“ agierte man noch bis 1993, danach wurde auch der offizielle Nachfolger des MIT Teams aufgelöst. Aufgrund der vielen Team-Mitglieder wurde es immer schwerer, alle Aktionen zu überwachen. Die Angst, einzelne in der Gruppe könnten Geld stehlen, war ein beständiger Begleiter. Weiterhin wurden die Casinos immer besser darin, die Kartenzähler auszumachen. Zugleich wurden immer mehr Versuche unternommen, das Kartenzählen aktiv zu unterbinden. Unter anderem wurde die „Cutting Card“ eingeführt. Bei dieser Karte wird das aktuelle Deck mit einem neuen ersetzt – dadurch wird nie ein ganzes Deck „durchgespielt“, das strategische Zählen also erschwert. Der Einsatz mehrere Decks oder der Einsatz Casino-interner Kartenzähler kam noch hinzu.

Viele Spieler hatten zudem große Angst erwischt zu werden – zwar war es in den USA weniger gefährlich, aber es konnte durchaus vorkommen, dass die Sicherheitskräfte der Casinos nicht zimperlich mit ertappten Kartenzählern umgingen. Viele die erwischt wurden, landeten auf den Schwarzen-Listen der Casinos und mussten ihre Karriere im Team einstellen. Dadurch herrschte ein beständiger Bedarf neue Mitglieder zu rekrutieren. Letztlich schien sich der Aufwand für die Aufrechterhaltung des Teams nicht mehr zu lohnen – auch weil einige Investoren ihren Blick nun auf den immer attraktiver werdenden Immobilien-Markt richteten und sich vom Team abwandten.

Nach dem Ende des Teams bildeten einige ehemalige Mitglieder neue Teams – ein bekanntes Beispiel ist Mike Aponte (aka MIT Mike). Er zählte weiterhin Karten, wurde letztlich aber ebenfalls zu bekannt. Doch auch danach blieb er Blackjack treu – 2004 gewann er die „World Series of Blackjack“. Auch teilt er sein Wissen und lehrt, wie man Blackjack-Karten zählt. Zugleich tritt er als Berater für Casinos in Erscheinung, sodass diese noch besser gegen Zählsysteme und Wettstrategien gewappnet sind. MIT Mike ist die Grundlage für eine der Hauptfigur Jason Fisher in dem Buch „Bringing Down the House“, welches wiederum den Film „21“ inspirierte.

Falls Du also lernen willst Blackjack-Karten zu zählen, sollte klar sein, dass die Tricks des MIT Teams heute nicht mehr gut funktionieren. Die Strategien sind zu bekannt geworden, sodass die Casinos das Zählen mit unterschiedlichsten Methoden unmöglich gemacht haben. Dadurch ist das Kartenzählen wohl am ehesten für klassische Homegames in privater und freundschaftlicher Runde interessant. Hier kann man seine Freunde durchaus verblüffen und seine Chance deutlich erhöhen – wie einst das MIT Blackjack Team – nur dass man damit keine Millionen US-Dollar mehr scheffeln wird – das Haus gewinnt, auf lange Sicht, dann eben doch immer.

Johann von Ti
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