Am 17. Oktober 2024 erschien Age of Empires Mobile als Free2Play für Android und iOS. Damit erhielt die altehrwürdige Strategie-Reihe nun auch einen Ableger fürs Smartphone. Als großer AoE-Fan habe ich das Spiel natürlich sofort heruntergeladen und in den letzten Tagen ausgiebig gespielt. Wie gut sich das neue Age of Empires fürs Handy schlägt, lest ihr in diesem Kurztest.
Ähnlich wie schon beim Test zu Stronghold Castles bin ich als Fan der Reihe an den Mobile-Ableger herangetreten. Ich habe bereits als Knirps gegnerische Bauern mit einem Wololo eingefärbt und liefere mir heute in der Difinitive Edition von AoE2 stundenlange Mehrspielermatches mit Freunden. Ich war skeptisch, wie und ob eine Mobile-Adaption funktionieren könnte. Leider haben sich meine Befürchtungen bewahrheitet.
Der Schein trügt
Age of Empires Mobile präsentiert sich bombastisch! Das Spiel fürs Handy bietet hochwertige Videosequenzen und fängt den Stil von Age of Empires hervorragend ein. Tatsächlich blicke ich nostalgisch auf das Dorfzentrum, welches meine eifrigen Arbeiter im aufwändig inszenierten Prolog errichten und erfreue mich an der Liebe zum Detail. Das sieht aus wie Age of Empires!
Wir steuern unseren Helden durch eine schmucke 3D-Welt, bekämpfen Feinde und delegieren ein paar Dorfbewohner. Ich treffe in einer kleinen Story-Sequenz sogar eine Entscheidung über einen besiegten Widersacher. Das alles ist spielerisch gut umgesetzt und macht Freude auf mehr. Doch das eigentliche Spiel habe ich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gesehen.
Das ist kein Age of Empires
Age of Empires Mobile ist ein klassisches MMO-Strategie-Spiel, wie wir es bereits dutzendfach und in allen Variationen gesehen haben. Das Gameplay ist grundsätzlich wie bei Herr der Ringe: Rise to War oder Rise of Kingdoms gestrickt. Du hast also eine Stadt, errichtest dort Gebäude, stellst Truppen auf und verbündest dich mit anderen Spielern. Anschließend geht es in die globale Schlacht, in der hunderte Spieler gegeneinander antreten und um die Vorherrschaft auf der Map streiten.
Was spaßig klingt, ist es bis zu einem gewissen Grad auch. Die Mechaniken sind so aufgesetzt, dass ich Anfangs mächtig viel zu tun habe. Hier wird Age of Empires Mobile auch noch von seiner Optik getragen. Ich wähle eine Startnation, baue Holzfällerlager, Kasernen sowie Wohnhäuser und schreite schnell in die zweite Zivilisationsstufe.
Doch abseits der Optik hat das Spiel nichts mit den Echtzeitstrategie-Klassikern zu tun. Je nach Stufe dauert es bald Stunden, ein Gebäude hochzustufen. Gleichzeitig kann ich meine Arbeiter nicht direkt steuern, sondern sie lediglich meinen Produktionsstätten zuweisen. Das Layout meiner Stadt ist festgelegt und nur eine kleine Auswahl an Gebäuden kann ich in den vordefinierten Freiflächen platzieren.
Truppen werden als Einheiten gemeinsam mit einem Helden als Kommandant aufgestellt. Es gibt Schwertträger, Bogenschützen, Speerträger und Reiter, die sich in einem simplen Schere-Stein-Papier-System gegenseitig kontern. Richtige Kontrolle haben wir in Kämpfen nicht, Level und Fertigkeiten des Helden bestimmten in der Regel über Sieg oder Niederlage.
Masse statt Klasse
Age of Empires Mobile erschlägt mich mit seichten Inhalten. In der Stadt baue, forsche und verbessere ich, auf der Weltkarte scheuche ich meine Truppen gegen Barbarenhorden und mit meiner Allianz beanspruchen wir Teile der Karte für uns.
In einem Minigame fange ich dann noch Fisch, lass meine Truppen auf Inseln gegen die KI kämpfen, streife mit einem Helden durch einen Diablo-Modus und schalte über Lootboxen neue Helden frei. Oder ich versuche die unzähligen Shops und Aktionsseiten zu überblicken, die mich blinkend darauf aufmerksam machen, dass ich erneut einen bedeutenden Meilenstein erreicht hätte und nun eine tolle Belohnung einstreichen kann.
Von den eigentlichen Kernmechaniken, die ich an der Echtzeitstrategiereihe so liebe, finde ich hier allerdings nichts. Alle Mechaniken eines AoE wurden komplett gestrichen – was für eine Enttäuschung.
Volle Breitseite Pay2Win
Das volle Programm Mobile Mikrotransaktionen wurde hier zusammengegossen und mit der zwar schönen, aber eben auch austauschbaren Optik eines Age of Empires garniert. Alle Spielelemente sind eng mit den optionalen Käufen verwoben.
Hier gilt ganz klar Pay2Win, weil ich auf so gut wie jedes Problem mit Echtgeld antworten kann. Zu wenig Nahrung? Kaufe ich ein paar Pakete. Der Held ist zu schwach? Kaufe ich ihm neue Level! Meine Armee ist zu klein? Verkürze ich die Bauzeit!
Age of Empires Mobile ist schlicht ein hochwertig produziertes Strategie-MMO von der Stange. Statt die Essenz der RTS-Reihe aufs Handy zu bringen, hat man sich lediglich der Optik bedient, um einen weiteren seelenlosen Vertreter des gewinnbringenden Genres aufzuziehen.
Fazit: AoE Mobile ist für Fans eine Enttäuschung
Age of Empires Mobile sticht optisch hervor und bietet einen gehobenen Standard des Mobile-Strategie-Genres. Der Spielspaß ergibt sich dabei vor allem aus der Interaktion der Allianzen und dem globalen Wettstreit um strategische Schlüsselpositionen auf der Karte.
Das hat seinen Reiz. Ist allerdings ein unglaublicher Zeitfresser. Außerdem sorgen die ausgeprägten Pay2Win-Mechaniken dafür, dass wenige zahlungskräftige Spieler die Ranglisten anführen und nicht selten das Spielgeschehen vollständig bestimmen. In meinem aktuellen Spiel bin ich zwar noch lange nicht in dieser Lategame-Phase angelangt, beobachte allerdings, dass ich als Free2Play-Spieler drastisch hinterherhinke.
Mit den großen Vorbildern auf dem PC hat AoE Mobile allerdings nichts zu tun. Echtzeitstrategie sucht man vergeblich, erhält dafür Mikrotransaktionen und angestaubte Mobile-Mechaniken. Würde das Spiel nicht Age of Empires im Titel tragen, würde es kaum Beachtung finden.
Erneut wurde die Chance verpasst, einen PC-Klassiker aufs Handy zu bringen. Aber offensichtlich erschien das nicht lukrativ genug. Wer 2024 Age of Empires spielen will, greift also weiterhin zur Definitive Edition auf PC und macht um AoE Mobile einen möglichst großen Bogen!
Age of Empires Mobile ist übrigens in bester Gesellschaft: Wo ein AoE Mobile als Echtzeitstrategiespiel versagt, lässt Forstpunk: Beyond the Ice Städtebauer im Eisregen stehen. Am Ende sind die Mobile-Ableger leider nur spielbare Shops.
- Hogwarts Legacy 2 kommt – Grund zur Sorge oder Freude? Die wichtigsten Infos zur Fortsetzung - 30. Dezember 2024
- Piranha Bytes: Dieses Ende haben die Gothic-Erfinder nicht verdient - 10. Dezember 2024
- Stalker 2: Das Tragelimit ist kein Problem, sondern eine mächtige Spielmechanik - 30. November 2024