Cannabis und Videospiele – Ein Wandel in der Wahrnehmung

Es ist manchmal schon witzig, welche Blüten unsere Populärkultur hervorbringen kann. So auch beim nicht unumstrittenen Thema Cannabis, welches seit einigen Jahren seine Renaissance als Heilpflanze feiert. Sogar in Deutschland, auch wenn die medizinische Anwendung hierzulande noch mit vielen Hürden versehen ist. In diesem Kontext ist das Thema auch wieder stärkerer Bestandteil politischer Debatten. In einigen Ländern wurden liberale Cannabis-Gesetze erlassen, wie in den Niederlanden – dort ist die Droge weiterhin illegal, aber nicht mehr „strafbar“. Bedeutet: Es wird geduldet, solange Händler und Konsumenten gewisse Grenzen nicht überschreiten. Auch in Spanien wird der private Anbau und Besitz von Marihuana nicht bestraft, lediglich der Verkauf ist untersagt. Erste Länder gingen sogar einen Schritt weiter und legalisierten Cannabis vollständig. Zu diesen Vorreitern zählt Uruguay, aber auch Kanada, welches Cannabis 2018 legalisierte. Sogar in einigen Bundesstaaten der USA wurde Gras legalisiert.

Dieser Wandel spiegelt sich auch in Populärkultur wieder; natürlich war Gras, immerhin einer der meist konsumierten Drogen auf der Welt, seit jeher ein stark aufgegriffenes Thema jeglicher Populärmedien. Wer kennt nicht selbst zumindest einen typischen „Stoner-Film“, oder stieß in einer Serie auf mehr oder weniger offensichtliche Anspielungen. Neuer sind da schon die Serien, welche sich thematisch auf Cannabis fokussieren – hier seien „Weeds – Kleine Deals unter Nachbarn“ oder auch „Disjointed“ genannt, die unter anderem die Legalisierung der Droge in Teilen der USA direkt aufgreifen. Durchaus ein Unterschied, war Cannabis zuvor natürlich immer nur als illegales Genussmittel thematisiert worden.

Games mit Cannabis-Thematik

Diese „neue“ Popularität spiegelt sich auch in der Welt der Videospiele wieder – auch hier sind Weed-Games nichts völlig neues. „Drug Wars“ (1984), bzw. „Dope Wars“ griffen den illegalen Handel mit Gras bereits vor vielen Jahren auf, dennoch ist die Anzahl an Spielen, welche Cannabis als zentrales Element aufgreifen, recht überschaubar.

Weed Shop 2

Mit den „Weed Shop“-Spielen existiert zum Beispiel eine Reihe von kleineren Games, welche primär für iOS erschienen, mit „Weed Shop 2“ aber sogar den Weg auf den PC fand. In dem eher trashig angehauchten Spiel übernehmen wir die Kontrolle über eine heruntergekommene Marihuana-Apotheke und verwandeln sie in einen angesagten Weed-Shop. Doch statt einer anspruchsvollen Wirtschaftssimulation, wird hier mehr mit dem Thema Cannabis selbst gespielt. Mit recht überschaubaren Mechaniken bauen wir unterschiedlichste Sorten an, richten unseren Laden ein und verkaufen (und konsumieren) den Stoff. Ansonsten kurbeln wir die Bekanntheit unseres Geschäfts durch Kostproben an, die wir auf der Straße verteilen oder müssen frechen Langfingern mit dem Baseballschläger verdeutlichen, dass man bei uns besser zahlt. Dennoch handelt es sich hier um ein absolutes Nischengame, welches mit… einfacher Optik, hakeliger Steuerung und geringer Abwechslung nur eine kleine Zielgruppe erreicht – diese zeigt sich jedoch auf Steam insgesamt als zufrieden, wobei der „Spaß-Spiel“-Faktor ala Goat-Simulator wohl durchaus eine entscheidende Rolle spielen wird. Für mich auf jeden Fall weniger interessant, als das folgende Spiel.

Weed-Shop-2-wie-führen-einen-angesagten-Weed-Shop

Dass die Weed-Shop-Reihe eigentlich dem Mobile-Sektor entspringt, kann Weed Shop 2 kaum verbergen. Optisch als auch spielerisch sicherlich nur für eine sehr kleine Zielgruppe wirklich interessant.

Weedcraft Inc.

Denn mit „Weedcraft Inc.“ ist im April 2019 tatsächlich eine waschechte Wirtschaftssimulation mit Cannabis-Thematik erschienen. Als gescheiterter BWL-Student versuchen wir unser Glück beim Anbau und Verkauf von Hanfpflanzen – anfangs müssen wir die wenigen Pflanzen noch selbst versorgen, verarbeiten und unter die Leute bringen. Haben wir einen ersten Kundenkreis aufgebaut und Gewinne erzielt, geht es aber erst richtig los. Wir optimieren unsere Produktionsketten, stellen Mitarbeiter ein, müssen gegen die Konkurrenz bestehen, gründen Scheinfirmen, bestechen die Polizei und biegen am Ende sogar die Gesetzeslage zu unseren Gunsten. Tatsächlich verbirgt sich hinter dem verspielten Comic-Look eine komplexe Wirtschaftssimulation, welche in ihren Mechaniken erstaunlich gut funktioniert. Es geht zwar um Cannabis und das ganze wird uns auch gerne durch die Stereotypischen-Charaktere mit einem Augenzwinkern präsentiert, dennoch steht die Wirtschaftssimulation im Fokus. Wir züchten Beispielsweise bessere Pflanzen heran, die wiederum durch perfekte Anbaubedingungen wie Lichtverhältnisse und Düngung ertragreicher gemacht werden können. Doch um diese Optimierungen umzusetzen, müssen wir meist kostspielige Anlagen errichten, aber auch Gutachten von Wissenschaftlern einholen. Die Möglichkeiten sind dabei angenehm vielschichtig und das anfangs noch recht entspannte Geschäft mit dem grünen Kraut wandelt sich letztlich doch zu einem strategischen Spiel um wirtschaftliche Effizienz und Expansion – nur eben im Grasgeschäft.

Weedcraft-Inc-Die-Produktion-unserer-Cannabis-Pflanzen-muss-beständig-optimiert-werden

Anfangs haben wir nur ein paar wenige Pflanzen in einem staubigen Keller – später verfügen wir in Weedcraft Inc. über modernste Anlagen zum idealen Anbau, während wir neue, ertragreichere Sorten heranzüchten.

Rechtliche Situation in Deutschland

In den Medien wird Gras also mittlerweile recht offen behandelt und vor allem der unternehmerische Aspekt, in einem legalisierten Umfeld, wird stärker fokussiert. Doch in Deutschland ist Cannabis weiterhin strikt verboten – oder? Tatsächlich kann Deutschland weniger mit liberalen Cannabis-Gesetzen glänzen. Anbau, Herstellung, Handel, Einfuhr, Ausfuhr, Abgabe, Veräußerung, Erwerb und Besitz sind strafbar. Lediglich der Konsum selbst ist nicht in dieser langen Aufzählung zu finden – dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstschädigung“. Dennoch gestaltet es sich natürlich als schwierig, etwas zu konsumieren, was man nicht besitzen darf.

Eine Ausnahme dieser strengen Regelungen bildet medizinisches Marihuana. Seit 2017 dürfen Ärzte ihren Patienten sogar Cannabisblüten und Cannabisextrakte verschreiben. Zuvor waren lediglich cannabishaltige Fertigarzneimittel verschreibungsfähig. Dennoch ordnen nur wenige Ärzte eine Cannabis-Therapie an und auch Krankassen stellen sich oft quer, wenn es darum geht, die Kosten zu tragen. Auch die Versorgung mit medizinischem Marihuana ist in Deutschland noch schwierig. Bislang wird der Bedarf durch kostspielige Importe gedeckt, welche sich auf den Preis auswirken und sogar für Engpässe in der Patientenversorgung sorgen. Der Markt selbst hat sich aber längst auf diesen neuen Wirtschaftszweig eingestellt. In Deutschland wurden die Weichen für den Anbau von medizinischen Cannabis gelegt, Ende 2020 wird die erste Ernte erwartet. Online-Händler haben bereits Verdampfer für den medizinischen Konsum im Angebot, welche einen kontrollierten Konsum versprechen. Der Eigenanbau, selbst für Patienten, ist in Deutschland wiederum gänzlich untersagt. Aktuell ist es zudem unwahrscheinlich, dass innerhalb der nächsten Jahre liberalere Gesetze erlassen werden.

Fazit

Damit bleibt Cannabis für uns in Deutschland wohl auch zukünftig eher in Medien zugänglich, zumindest wenn man die Pfade der Legalität nicht verlassen möchte oder einen Kurzurlaub in den Niederlanden verbringt. Ich persönlich finde es ja interessant, wie Videospiele nun mit dieser Droge umgehen bzw. diese Thematik angehen. Natürlich habe ich meinen Blick nun auf die Titel geworfen, welche Cannabis zu ihrem Kernelement erklärt haben – so haben natürlich auch Spiele wie GTA Marihuana schon früh thematisch aufgegriffen und verarbeitet. Selbst in Gothic existiert mit dem Sumpfkraut eine Cannabis-Version, welche von der Ordnungsmacht alles andere als gerne gesehen wird. Doch früher wurde Gras eben immer als illegale Droge, nicht als legales, wirtschaftliches Geschäftsfeld aufgegriffen. Dieser Wandel zeigt, dass Videospiele recht genau, eben wie andere Kulturerzeugnisse, den Wandel in der Gesellschaft spiegeln können. Und das Wirtschaftssimulationen Spaß machen – besonders mit ausgefallenen Themen.

 

Johann von Ti
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