Entropia Universe – Kann man im Echtgeld-MMO reich werden?

Screenshot des Spiels Entropia Universe. Eine Raumfahrerin durchstreift einen Sumpf. Einige fremdartige Aliens mit langen Beinen stehen im Sumpf.

Es ist schon erstaunlich: Finanzierungsmodelle für Videospiele sind vielfältig – seit Jahren gewinnen Mikrotransaktionen und auch Zufallselemente wie „Lootboxen“ mehr und mehr an Bedeutung. Diese Ansätze sind durchaus kritisch zu sehen, weil hier mit allerlei Tricks dafür gesorgt werden soll, dass Spieler große Summen Geld in die Spiele investieren. Doch ich war schon überrascht, als ich auf das Konzept stieß, welches das MMORPG Entropia Universe für sich nutzt.

Das große Echtgeld-MMO

Bei Entropia Universe handelt es sich um kein gewöhnliches MMORPG – das Spiel des schwedischen Softwareunternehmens MindArk setzt auf ein Mikrotransaktionsmodell, bei welchem die Spielwährung fest mit Echtgeld verknüpft ist. Im Klartext: Im Spiel können so genannte PEDs (Project Entropia Dollars) gesammelt werden, die zu einem festen Wechselkurs von 10:1 in US-Dollar ausgezahlt werden können. Somit können Spieler nicht nur Geld in das Spiel investieren, sonder auch Geld aus den virtuellen Welten „ziehen“. Das ist tatsächlich ein ziemliches Alleinstellungsmerkmal – mir ist in dieser direkten Form kein Videospiel bekannt, welches gänzlich auf eine Echtgeld-Ökonomie setzt.

Damit besitzt alles im Spiel einen realen Wert – sammeln Spieler also genug Loot, könnten sie dieses in bare Münze umwandeln. Zudem ist Entropia Universe Free-to-Play, kann also ohne Geldeinsatz gespielt werden. Das klingt natürlich ziemlich interessant: Ein Spiel zocken und dabei auch noch Geld verdienen – eine schöne Vorstellung. Aber natürlich läuft es nicht so – wie könnte es auch sein. Die Entwickler wollen etwas an dem Spiel verdienen und auch Server bezahlen sich nicht von alleine. Doch wie finanziert sich das bereits 2003 veröffentlichte MMORPG dann eigentlich?

Mikrotransaktionen als Schlüsselkonzept

Das wichtigste Schlüsselwort wurde bereits genannt: Mikrotransaktionen. Denn auch wenn das Spiel als „Free-to-Play“ ohne direkten Geldeinsatz gespielt werden kann, muss dies durchaus eingeschränkt werden. Denn wer kein Geld investiert, kann nur bestimmten Tätigkeiten im Spiel nachgehen. Dazu zählt das so genannte „Sweating“, bei welchem Spieler Schweiß der Kreaturen in der Spielwelt sammeln. Ebenfalls kann man sich als Sammler betätigen und Früchte, Steine oder sogar den Mist der Mobs vom Boden klauben. Diese Tätigkeiten sind natürlich alles andere als lukrativ und allein um 10 PED zu verdienen, müssten Spieler über Stunden hinweg diesen Tätigkeiten nachgehen.

Alles andere im Spiel ist irgendwie an die Ingamewährung geknüpft. Egal ob das Jagen von Monstern, Bergbau oder Crafting – diese Tätigkeiten erfordern Fertigkeiten und Verbrauchsgüter, welche die Spieler direkt von Verkaufsautomaten in der Spielwelt erwerben oder mit anderen Spielern handeln müssen. Wer also jagen will, benötigt zunächst die richtige Waffe samt Munition sowie eine Rüstung und die nötigen Fertigkeiten. Vielleicht auch noch das passende Werkzeug, um eine bestimmte Monster-Art überhaupt ausschlachten zu können. Die Waffe und Rüstung nutzten sich ab und müssen repariert werden. Viele Gegenstände lassen sich auch gar nicht erst reparieren, sodass diese nachgekauft werden müssen. Auch Munition wird verbraucht und wer fleißig Monster gejagt hat, muss sich danach wieder aufmunitionieren. Ähnlich verhält es sich zu allen Tätigkeiten im Spiel – je lukrativer das Loot ist, desto mehr PED müssen zunächst in die eigene Ausrüstung investiert werden.

Hier sei auch angemerkt: Wer Geld in das Spiel investiert, kann das eingesetzte Geld innerhalb weniger Tage in Form der gekauften PED nutzen. Wer sich die Ingame-Währung jedoch auszahlen lassen will, muss mindestens ein Guthaben von 1000 PED besitzen (also einen Gegenwert von 100 US-Dollar). Zudem können die Wartezeiten für diese Auszahlung mehrere Monate dauern. Auch existiert in den AGBs eine Klausel, welche festlegt, dass Spieler, welche sich 365 nicht im Spiel anmelden, gelöscht werden – samt aller virtuellen Güter, welche diese dort noch besaßen.

You acknowledge and agree that Your Entropia Universe Account will be deemed to have been abandoned by You and consequently automatically Terminated if it has not been accessed for a period of 365 consecutive days (i.e. 275 days after an account becomes inactive as described above).“

Free-to-Play auf die Spitze getrieben

Der Free-to-Play Modus von Entropia Universe gleicht in meinen Augen eher dem Konzept von Free-Spins für Automaten-Spiele von Online-Casinos. Bei solchen Freispielen sollen vor allem neue Spieler geworben werden, indem diese kostenlos Spielchips erhalten, die sie wiederum an Slots einsetzen können. Es wirkt so, als würden die Anbieter etwas verschenken – doch der Teufel steckt natürlich im Detail. Denn zwar ist es theoretisch möglich mit diesen Freispielen einen Gewinn zu erspielen, jedoch wird dies oft an zahlreiche Umsatzbedingungen geknüpft. Diese sind dann meist so aufgebaut, dass es für einen Spieler nur schwer möglich ist, sich Gewinne aus Freispielen tatsächlich auszahlen zu lassen. Es geht viel eher darum, neue Spieler anzulocken und Bestandsspieler zu halten.

In Entropia Universe sind die Freispiele sozusagen die wenigen kostenfreien Spielmöglichkeiten, wie das Sammeln von Schweiß oder… Monsterhaufen – diese bringen so wenig ein, dass es nur schwer möglich ist, damit an bessere Ausrüstung oder Fertigkeiten zu gelangen. Natürlich ist es nicht unmöglich – aber ihr versteht die Idee dahinter. Schau dir die Spielwelt an, versuche an ein wenig Ingamegeld zu kommen und wende dich dann entweder abgeschreckt ab oder beginne erstes Geld in das Spiel zu investieren.

Doch während das Free-to-Play-Konzept abseits der Echtgeld-Integration durchaus an die gängigen Systeme anderer Free-to-Play-Games erinnert, wird es beim Loot noch mal interessant. Denn Umfang und Qualität von Loot oder gecrafteten Gegenständen, welches aus einer Tätigkeit gewonnen werden, werden nicht allein von den Fertigkeiten des Spielers bestimmt – ein großer Glücksfaktor wurde hier fest implementiert. Das bedeutet, dass es Zufall ist, wie ertragreich meine Aktionen im Spiel eigentlich sind. Und hier arbeiten die Entwickler mit einem Hausvorteil – wie ein echtes Casino. Denn die Investitionen im Spiel lassen sich langfristig nur zu 95% wieder hereinholen. Durch den Zufallsfaktor können Spieler also kurzfristig deutlich wertvolleres Loot erhalten, als sie für die Tätigkeit zuvor investierten – langfristig werden sie aber mit 5% weniger herausgehen – das Haus gewinnt eben immer.

Im Klartext: Wer in Entropia Universe Geld für die Tätigkeiten im Spiel investiert, wird langfristig ganz klar Minus machen. Durch potenzielle „Gewinnchancen“ wird jedoch ein Anreiz geschaffen, sein Glück zu versuchen. Im Grunde also waschechtes Glücksspiel – besonders, weil das Loot ja durch den festen Wechselkurs einen echten Wert repräsentiert. Ich würde behaupten, dass dieses System nach deutschem Recht nicht legal ist.

Großinvestitionen durch Spieler

Doch immer wieder machte Entropia Universe Schlagzeilen mit Spielern, die am Ende doch Geld mit dem Spiel verdienen konnten – wie soll das gehen, wo doch alle Spieler durch den Hausvorteil langfristig verlieren müssen? Durch das Spielen von Entropia Universe wird man Geld verlieren – aber mit den Spielern in Entropia Universe kann man Geld verdienen. Denn das Konzept der Mikrotransaktionen ist für dieses MMO längst nicht ausgeschöpft: Neben den unzähligen Möglichkeiten sich Ausrüstung oder Fertigkeiten zu kaufen, kann man auch Teile der Spielwelt erwerben. Dadurch erhalten die Käufer die Möglichkeit von den „Umsätzen“ anderer Spieler zu profitieren.

Spieler können Land erwerben und zum Beispiel Nutzungsrechte an andere Spieler vermieten. Ähnlich verhält es sich zu Mutterschiffen, welche Spieler zwischen den verschiedenen Planeten hin und her transportieren. Weiterhin ist es möglich Einkaufzentren und Clubs zu kaufen, wobei der Käufer an zukünftigen Umsätzen dieser Etablissements beteiligt wird. Und dieses System kann wohl aufgehen.

Ein Werbeschild für das MMO Entropia Universe. Eine Frau hält ein kleines Gebäude in der Hand und präsentiert es. Im Hintergrund sind zahlreiche neue Häuser und unbebaute Grundstücke in einem bewaldeten Tal zu sehen. Im unteren Teil wird mit Text für den Kauf von Grundstücken geworben.

Entropia Universe wirbt für den Kauf von Grundstücken auf den Planeten. Spieler können hier eigene Häuser errichten. Auch Einkaufzentren, Clubs und ganze Landstücke können erworben werden, um so langfristig Einnahmen durch andere Spieler zu erzielen – so zumindest die Idee dahinter.

2005 kaufte der Schauspieler Jon Jacobs einen Asteroiden in der Spielwelt für 100.000 US-Dollar. Dort wurde dann ein „Asteroiden-Weltraumresort“ mit dem Namen „Club Neverdie“ eröffnet – benannt nach dem Avatar-Namen des Schauspielers. 2010 verkaufte Jacobs den Asteroiden an verschiedene Spieler für insgesamt 635.000 US-Dollar.

Doch an dieser Stelle hört das System noch nicht auf: Denn seit einigen Jahren eröffnet Entwickler MindArk die Möglichkeit, ganze Planeten zu erstellen. Kleine Teams oder sogar Spieler können dabei einen eigenen Planeten für die Spielwelt erschaffen und werden dann ebenfalls an den dortigen Umsätzen beteiligt. Darunter litt vor allem die Einheitlichkeit, weil die neuen Planeten mit eigenen Themen aufwarteten. So existiert zum Beispiel der Planet ROCKtropia (ebenfalls im Besitz von Langzeitspieler Jon Jacobs), der sich auf „Musik“ und „Popkultur“ fokussiert und kaum zum ursprünglichen Planeten zu passen scheint. Ähnlich verhält es sich mit nachfolgenden Planeten (insgesamt gibt es sieben), die alle eigene Themen beinhalten und zum Teil recht unfertig veröffentlicht wurden.

Fazit – Wie ein Glücksspiel-MMO

Das ist schon ganz schön verrückt: Entropia Universe erscheint mir wie ein Online-Casino, welches sich in das Gewand eines MMORPGs gehüllt hat. Statt an einem Roulette-Tisch zu sitzen oder an einem Slot-Automaten zu drehen, durchstreift man virtuelle Welten und jagt zum Beispiel Monster. Spieler müssen Geld einsetzen, um dann vielleicht gewinnen zu können – nur dass man auf lange Sicht eben verliert. Durch Skills des Spieler-Charakters würde ich es am ehesten mit Poker vergleichen – die Fertigkeiten des Spielers beeinflussen seine Chancen, dennoch bleibt es Glücksspiel. Allein die Tatsache, dass das Spiel fest an den US-Dollar gekoppelt ist, macht es in meinen Augen interessant. Die Tatsache, dass alle Inhalte im Spiel einen realen Wert besitzen, hat einen gewissen Reiz.

Doch wirklich verrückt wird es durch die Möglichkeit größere Investitionen zu tätigen, wobei Spieler Teile der Spielwelten kaufen und dann an Gewinnen beteiligt werden. Auch das ist natürlich spannend: Wie in der echten Welt kann man hier Investitionen tätigen, die sich (scheinbar) auch auszahlen können. Aber eben, wie alles im Spiel, auch Risikobehaftet sind. Es ist also das gleiche Glücksspiel, nur in einem größeren Maßstab.

Ich kann durchaus verstehen, was die Langzeitspieler in Entropia Universe hält. Es ist einfach spannend ein Spiel zu spielen, in welchem alles einen realen Wert besitzt. Für Spieler kann sich dabei sicherlich ein ganz eigenes Spielgefühl entwickeln, da ihnen bewusst ist, wie wertvoll ihre aktuelle Ausrüstung eigentlich ist – und zwar nicht allein in der Spielwelt, sondern auch im echten Leben. Eine Stufe, die andere Free-to-Play eher verschleiern, da hier eher vertuscht werden soll, wie viel Geld Spieler letztlich in Ausrüstung investieren. Das Echtgeld-MMO ist in dieser Form wohl einzigartig und allein „Second Life“ erinnert mich in einigen Mechaniken an dieses Spiel.

Dennoch muss festgehalten werden: Entropia Universe ist weniger ein Videospiel, als eine Glücksspiel-Erfahrung. Spieler sollten sich in diesem Spiel also bewusst sein, dass sie hier zwar zum Spaß durchaus Geld investieren können, dass aber mit einem Besuch in einem Casino zu vergleichen ist. Auf lange Sicht wird man hier kein Geld erspielen, sondern viel eher welches verlieren – reich werden hier also die allerwenigsten Spieler – denn der Entwickler gewinnt in Entropia Universe immer.

Johann von Ti
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