Browsergames und MMOs bieten zahlreiche Formen der Diplomatie, die sich sehen lassen können!
Momentan bin ich ja wieder aktiv dabei, Stronghold Kingdoms zu spielen und habe dabei wieder festgestellt, welche enorme Tragweite der Faktor Diplomatie für gängige PVP MMOs und Browsergames bereit hält. Dabei geht es weit über die Zweckmäßigkeit von Verhandlungen hinaus und übersteigt Grade einfacher Kommunikation. In Sonderfällen kann die Diplomatie sogar den Löwenanteil eines solchen Spiels ausmachen, so wie es für früher in Die Stämme war. Doch bei Stronghold Kingdoms kommt noch ein interessanter Faktor hinzu: Auf den „World Maps“ spielen Nationalitäten zahlreicher Länder auf einem großen Server. Dadurch werden diplomatische Verhandlungen direkt international und dadurch verdammt komplex.
Häuser, Fraktionen, Vasallen und Spieler
Stronghold Kingdoms baut sich ganz interessant auf: Es gibt zahlreiche Häuser, die sich mit einer markanten Farbe als auch einem Wappen unterscheiden. Je nach Startbedingungen eines Servers nehmen bestimmte Häuser bestimmte Länder in Beschlag und siedeln sich dort an. Die Häuser bestehen nämlich aus Fraktionen, die in ihrer Gesamtheit das Haus bilden. In den Fraktionen spielen dann letztlich die Spieler, die darin organisiert sind. Jede Fraktion hat ihre eigene Führung, die insgesamt einer Führung des Hauses untergeordnet ist. Machtkämpfe innerhalb der Fraktion als auch des Hauses bilden eine erste, politische Tanzfläche. Doch auch das letzte Glied dieser Kette kann eigenständig Diplomatie betreiben, denn jeder Spieler kann Lehnsherren und Vasallen haben, die unabhängig von Haus oder Fraktion bestehen. Damit gibt es die lokale, direkt den Spieler betreffen Diplomatie, als auch die große „Weltpolitik“ und dazu Ebenen dazwischen.
Krieg und Frieden
Gefördert wird die Diplomatie durch die Spielmechanik selbst, welche Bündnissituationen wie Nichtangriffspakte, feste Bündnisse als auch offene Kriege einstellen lässt. Dies wird dann auch optisch auf der Karte angezeigt. Doch natürlich ist das nur Beiwerk, denn tatsächlich ist die Situation des Spiels interessant aufgestellt: Die Häuser kämpfen mit ihren Punkten um einen Herrlichkeitsrang. Dieser ergibt sich wiederum durch mehrere Faktoren, wie dem Besetzen von Regionen oder dem erobern von Flaggen. Die Weltkarte ist aufgeteilt in die Länder der Welt, die wiederum in viele Sektoren um wichtige Städte unterteilt sind. Man kann die Kontrolle über einen solchen Sektoren und die dazugehörige Stadt erlangen, wenn man dort die meisten Stimmen hat. Das heißt: Wer sich hier mit anderen Spielern abspricht oder aber auch einfach die meisten Siedlungen in der Region hat, kann die Wahl gewinnen und die Hauptstadt leiten. Gehört man einer Fraktion an, wird der Sektor dann in der Farbe des Hauses eingefärbt. Dadurch kommt es zu beinharten Kämpfen und ganzen Kriegen, wenn bestimmte Häuser ihren Einflussbereich ausdehnen wollen. (Das ist aber nur ein Teil der Gesamtmechanik, die noch zahlreiche weitere Kniffe bietet. Aber ich will an dieser Stelle nicht zu sehr ins Detail gehen.)
Verhandlungen
Und jeder Konfrontation gehen zahlreiche Verhandlungen voraus, die sich über Tage und Wochen erstrecken können und dabei ganze Nationalitäten zusammenführen. Und da solche Verhandlungen zuweilen extrem Komplex sein können, ist die Kommunikation über das interne Chat- und Nachtichten-System nicht ausreichend. Über Team-Speak organisieren sich die Häuser, die wiederum untereinander aktiv verhandeln. Da kommt es gerne mal vor, dass Italiener, Russen, Amerikaner, Türken und eben Deutsche zusammen in einer Besprechung sitzen und es heiß her geht – Ansprüche über Landbesitz werden gestellt, Forderungen ausgesprochen, Versprechen gegeben, Intrigen gesponnen und Verrat begangen. Kaum zu glauben, aber im Spiel werden aktiv Dolmetscher gesucht, um gezielt Verhandlungen führen zu können.
Spielen ist Silber, Zeit ist Gold
Für mich verdammt interessant und spannend, zeitgleich ist aber klar: Wer in dieser Form der Videospiel-Diplomatie mitwirken will, muss 2 wichtige Dinge mitbringen: Ein gewisses diplomatisches Gefühl und eine Menge Zeit: Allein die internationalen Zeitunterschiede sorgen für strikte Zeitpläne, was Verhandlungen angeht und diese können dann gerne auch mal länger dauern. Weiterhin muss man natürlich im Spiel ganz aktiv sein und zeitgleich in seiner eigenen Fraktion als auch dem Haus administrative Rollen übernehmen. Damit ein Haus erfolgreich spielen kann, ist nämlich die Koordination enorm wichtig. Spieler müssen in ihrem Spielstil erfasst werden, auch Rollen im Spiel werden zugeordnet. Ist man Krieger, Supporter oder Monker (spezialisiert sich auf das Ausbilden von Mönchen)? Weiterhin sind Schulungen für Spieler nichts ungewöhnliches, wo dann sogar alteingesessene Spieler neue Kniffe von „Profi“ Spielern erhalten.
Fazit
Es findet also ein professionalisiertes Spielen statt, welches weit von dem gelegentlichen „reinschauen“ entfernt ist und wenig mit den herkömmlichen Smartphone MMOs zu tun hat, wo man Kleine Kinder „beschäftigt“. Spiele wie Stronghold Kingdoms sind, wenn es um Erfolg im Spiel geht, verdammt anspruchsvoll und eben sehr erwachsen. Das fordert natürlich, bietet aber zugleich einen ungeheuren Spielspaß, weil eine enorme tiefe im Spiel erreicht wird. Wer sich auf diesen Sog einlässt, hat plötzlich schlaflose Nächte, weil die Verhandlungen mit dem Haus XY wieder so schlecht verlaufen sind oder weil eine Invasion zahlreiche Mitspieler vernichtet hat. Komplexes Gameplay mit Kommunikation auf hohen Ebenen – So was muss man mögen.
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