Hat eSport Chancen darauf, bald eine anerkannte Sportart zu werden?
eSport wird nicht mehr mit pubertierenden Zockern gleichgesetzt, die den ganzen Tag vor dem Rechner sitzen und sich auf diese Weise die Zeit vertreiben. Stattdessen hat sich eine professionelle Struktur entwickelt, die schon so manchen Berufsspieler hervorgebracht hat. Die Piratenpartei will nun, dass eSport eine anerkannte Sportart wird.
Keine Frage: eSport hat in den vergangenen Jahren einen ziemlichen Imagewandel durchlaufen. Kategorisierte man Videospieler früher noch als pubertierende, bleiche, übergewichtige Nerds, die nichts besseres mit ihrer Zeit anzufangen wissen und die Schule vernachlässigen, gilt das Zocken mittlerweile als gesellschaftlich etabliert. Auch ältere Semester vergnügen sich gern an der Konsole, mal allein, mal mit Freunden. Konsolenspiele sind sogar beliebte Abendbeschäftigungen.
Mittlerweile gibt es sogar eine Reihe von Profispielern, die es in der eSport-Szene zu gewisser Berühmtheit geschafft haben. Sie spielen professionell und verdienen ihr Geld mit Turniersiegen und Sponsorenverträgen. Eine weitere Gruppe der Profispieler kann von YouTube leben, wo immer mehr Menschen anderen Zockern beim Spielen zusehen und sich so Taktiken abschauen. Mittlerweile kann in Wettbüros und Online nicht mehr nur auf reale Fußballspiele, sondern auch auf digitale Partien, die in professionellen Ligen organisiert sind, gewettet werden. eSportwette.info hat eine gute Bandbreite an Informationen zu dieser Theamtik aufbereitet.
Piratenpartei Berlin gab Gutachten in Auftrag
Demnach war es nur eine Frage der Zeit, bis die Rufe nach einer politischen Anerkennung von eSport lauter werden. In Berlin ist nun die Piratenpartei vorgeprescht. Sie wünscht sich eine Gleichstellung mit anderen Sportarten und hat deshalb ein Gutachten in Auftrag gegeben. Dieses bestätigt aber eher die Kritiker, die eSport für nicht mehr als Unterhaltung halten. Das Gutachten wurde vom wissenschaftlichen Dienst im Abgeordnetenhaus von Berlin erstellt.
Zwar erkennen Politiker Videospiele mittlerweile durch die Bank als Bestandteil der gesellschaftlichen Unterhaltung an, doch eSport mit anerkannten Sportarten gleichzustellen, will niemand, zumindest nicht offensiv. Immerhin sind die Zeiten weitgehend vorbei, als Ballerspiele noch als Auslöser für jede Art der Gewalt verantwortlich gemacht wurden. Mittlerweile wird das Thema deutlich differenzierter betrachtet. Nicht jeder, der Counter Strike spielt, wird gleich zum Amokläufer.
Eine Anerkennung von eSport will gut überlegt sein, hätte sie doch politisch große Auswirkungen. Sport wird steuerlich begünstigt und erhält zudem staatliche Fördermittel. Bei einer Gleichstellung müssten diese Vorteile der Anerkennung freilich auch für Profi-Videospieler gelten.
Kriterien des DOSB
Bei der Entscheidung darüber, was Sport ist und was nicht, orientieren sich Bund und Länder an den Richtlinien des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) in Frankfurt. Dort, so eine Sprecherin, wird aber nicht definiert, was Sport ist, sondern vielmehr entschieden, ob ein Verband beim DOSB Mitglied werden kann. Laut der Aufnahmeordnung des DOSB ist diese Entscheidung an drei Kriterien geknüpft:
- Die Ausübung einer Sportart muss eine „eigene, sportartbestimmende motorische Aktivität“ haben.
- Die Sportart muss „die Einhaltung ethischer Werte wie Fairplay und Chancengleichheit“ gewährleisten.
- Es müssen gewisse organisatorische Voraussetzungen erfüllt sein.
Punkt eins ist der wohl größte Streitpunkt. Klar, eSport wird im Sitzen gespielt und erfordert vor allem Hirnleistung und Fingerfertigkeit, Schach aber auch. Sportwissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass eSportler während Turnieren ähnlichen körperlichen und nervlichen Belastungen ausgesetzt sind wie zum Beispiel Bogenschützen oder Schachspieler. Komparative Spiele wie DotA oder Counter Strike setzen eine gute Motorik sowie eine schnelle Reaktions- und Entscheidungsfähigkeit voraus.
Warum das Gutachten im Auftrag der Piratenfraktion dennoch zu einem negativen Befund gekommen ist, liegt daran, dass die Experten der Meinung sind, die körperliche Ertüchtigung bei Computerspielen diene nicht dem Erhalt der Gesundheit. Weil nur die Hände gebraucht werden, sei eSport keine körperliche, „über das ansonsten übliche Maß hinausgehende Aktivität“. Diese Aussage trifft allerdings genauso gut auf Schach zu, das allerdings aus historischen Gründen ohnehin eine Sonderstellung einnimmt. Doch auch andere anerkannte Sportarten wie Boccia, Darts und Minigolf sind nicht körperlich anstrengend und benötigen nur die Hände. Ausnahmeregelungen gelten auch für den Motorsport, bei dem der Fahrer ebenfalls nur mit den Händen lenkt. Warum sind hier also abweichende Regelungen gestattet, die eSport aber nicht zugestanden werden?
Finanzgerichte entschieden negativ
Auch die Finanzgerichte sehen eine „körperliche, über das ansonsten übliche Maß hinausgehende Aktivität“ als notwendig an, „die durch äußerlich zu beobachtende Anstrengungen oder durch die einem persönlichen Können zurechenbare Kunstbewegung“ zum Ausdruck gebracht wird, um eSport steuerrechtlich als förderungswürdig zu betrachten. So sagte das Finanzgericht Köln im Jahr 2009, dass eSport damals zusammen „mit nicht als Sport im (steuer-)rechtlichen Sinne anerkanntem Denk- und Gedächtnissport“ aufgezählt wurden. Das deute darauf hin, dass „die Richter eSport nicht als Sport im juristischen Sinne verstehen wollten.“
Die Piratenpartei ist der Meinung, dass nur eine Gesetzesänderung auf Bundesebene dazu führen könne, dass eSport „in der steuerrechtlichen Beurteilung durch die Behandlung […] als Ausnahme gleich dem Schach zu einer rechtlichen Teilanerkennung als gemeinnützige Sportart führen würde“. Und genau dafür wollen die Piraten weiter kämpfen.
Aber auch der zweite Punkt, den der DOSB als Voraussetzung anführt, könnte zu Problemen führen, so das Gutachten. Insbesondere deshalb, weil „gewisse Spiele von gewaltverherrlichenden Inhalten geprägt sind und damit sportethische Werte verletzten“. „Möglicherweise müsste eSport zuerst einmal einzelne Spielarten verbieten, um einer Anerkennung näher zu kommen.“, so die Gutachter weiter.
Bis zur rechtliche Anerkennung von eSport und damit der Gleichsetzung mit anderen Sportarten, die Videospielen in ihren körperlichen Auswirkungen zum Teil ähnlicher sind, als man zunächst annehmen könnte, kann also noch einige Zeit vergehen. Immerhin die professionellen Organisationsstrukturen, die der DOSB ebenfalls fordert, nehmen immer mehr Gestalt an.
Anteil der deutschen Internetnutzer, die bereits von E-Sport gehört haben und die Bedeutung kennen. | |
Alter | Prozent |
16 – 24 Jahre | 50 Prozent |
25 – 34 Jahre | 46 Prozent |
35 – 44 Jahre | 31 Prozent |
45 – 54 Jahre | 18 Prozent |
55 Jahre und älter | 9 Prozent |
Gesamt | 24 Prozent |
Quelle: BIU |
Bildquelle: Roman Kosolapov – 421606537 / Shutterstock.com
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