Chance Träume zu verwirklichen und Ideen zu verkaufen…
Es war wie eine Befreiung: Frühere Veröffentlichungen von in der Entwicklung befindlichen Spielen, damit der direkte Verkauf der unfertigen Titeln die Fertigstellung selbst finanzieren sollte. Damit konnten Indie Entwickler auch nach erfolgreichen Crowdfunding Kampagnen ihre Spiele veröffentlichen, auch wenn zunächst die finanziellen Mittel ausgingen. Man macht im Grunde also seine Idee/Vision frühzeitig zugänglich und hofft, mit den so erzielten Gewinnen, den eigentlichen Traum zu verwirklichen. Viele Spieler haben diese „Neuerung“ in der „Release“ Kultur der Gaming Landschaft gefeiert, denn plötzlich musste man auf neue und interessante Projekte nicht mehr lange warten und konnte recht früh am Entwicklungsprozess teilnehmen. Denn die Idee hinter Early Access ist nicht allein der Verkauf des unfertigen Produkts zur Kostendeckung der Entwicklung, sondern die Möglichkeit der ersten Käufer, einen gewissen Einfluss auf die Entwicklung des Titels zu nehmen. Kritik, Wünsche und aktives „Testen“ der so veröffentlichten Alpha- und Beta-Versionen (manches mal auch Tech-Demos) sind also gewollt und haben in der Theorie mehrere positive Effekte. So können Spieler früh klar machen, welche Aspekte sie am Spiel stören, sodass man diese noch während der Entwicklung selbst korrigieren oder anpassen kann. Weiterhin können die Spieler durch das Austesten der gebotenen Spieleinsichten in diversen Genres neuen Input liefern, um so neue Spielerfahrungen herbeizuführen. Letztlich spart sich der Entwickler umfangreiche Testphasen des eignen Spiels, da die User nun selbst zahlen, um als „Beta-Tester“ zu fungieren. Soweit, so gut. Doch funktioniert Early Access nicht immer so, wie man es sich mal gedacht hat.
Falsches Verständnis von Early Access
Denn leider wird das Konzept viel zu oft ausgenutzt oder geht einfach in die Hose. Denn eine Vision als Early Access zu veröffentlichen ist immer ein Risiko und dieses Risiko wird allein von den Usern getragen, die sich auf dieses Finanzierungsmodell einlassen. Denn beschließt ein Entwickler, aus welchen Gründen auch immer, die Entwicklung eines Early Access Titels einzustellen bzw. einschlafen zu lassen, steht man als Käufer ziemlich doof da. Dabei ist natürlich klar, dass dieses Risiko immer bei User finanzierten Projekten besteht und auch erfolgreiche Crowdfunding Kampagnen niemals garantieren, dass das Spiel am Ende auch erscheint. Aber dennoch wird Early Access viel zu leichtfertig angewandt, was sogar soweit geht, dass man manchen Entwicklern schon eine gewisse Methode dahinter vorwerfen möchte. Denn leider „versanden“ immer mehr Early Access Spiele ohne großen Kommentar, werden also anfangs einfach immer seltener mit Updates versorgt und letztlich ganz fallengelassen. Das Problem ist dabei, dass man dem Entwickler an dieser Stelle schwer nachweisen kann, dass er absichtlich die Entwicklung abbricht, wenn dieser angibt, dass die finanziellen Mittel für die Fortsetzung der Entwicklung nicht mehr ausreichen. Gleichzeitig kommt es tatsächlich des öfteren vor, dass beherzte Entwickler aufgrund von Mangel an finanziellen Mitteln aufgeben müssen. Das hat auch einen Grund, denn Early Access verleitet junge und kleine Studios, sogar Einzelpersonen, Ihre Ideen enorm früh auf den Markt werfen, ohne dabei ausgereifte Konzepte für die Entwicklung selbst parat zu haben.
Ideen machen keine Spiele
Denn natürlich ist es super leicht, eine tolle Idee für ein Videospiel zu haben, ich denke jeder aktive Gamer hat sich schon mal ausgemalt, wie sein Traum-Game wohl aussehen würde. Wenn man dann noch ein wenig Basis-Wissen hat, kann jeder an seinem kleinen Traum werkeln. Wenn man dann die Möglichkeit erhält, sein Konzept samt einem kleines Gerüst direkt auf Plattformen wie Steam oder GOG anzubieten, ist das verlockend. Doch wenn man am Ende nur Ideen verkauft, aber in Wirklichkeit nicht in der Lage ist, diese zu realisieren, ist das eine ziemlich miese Geschichte. Denn die Käufer haben gutes Geld gezahlt, ohne zu ahnen, dass die vielen Versprechungen oft ohne wirkliche Grundlage gemacht wurden. Ein anderes Phänomen: Viele Indie Entwickler, die die nötigen „Skills“ für Ihre Visionen mitbringen, haben keinen Ahnung von Finanzen und wie man die Entwicklung eines Spiels plant. Was wird wirklich benötigt, welche Posten kann man bei der Realisierung des Projekts vernachlässigen, wo spare ich was?
Ewige Baustellen und Missbrauch
Denn leider verkommen viele wirklich interessante Early Access Titel zu endlosen Baustellen, wo man über mögliche Release Termine nicht mal mehr spekulieren will. Die Standalone Version von DayZ ist da so ein Beispiel. Der Early Access Status ist dabei keine Hilfe, denn dieser „ermutigt“ die Entwickler geradezu zum endlosen verweilen und werkeln, denn verkauft wird das Spiel ja schon und dann schnappt die Falle zu: Statt an einem schnellstmöglichen Release, also der Fertigstellung des eigenen Spiels zu arbeiten, verliert man sich innerhalb der Entwicklung in Belanglosigkeiten. Details werden angepasst, obwohl grundlegende Inhalte noch lange fehlen und ständige Änderungen verlangsamen die Entwicklung enorm. Ein andere Geschichte ist wieder diese „mutwillige“ Umgang mit der Situation, denn mancher Entwickler nutzt Early Access direkt, um noch DLCs für das eigene, nicht veröffentliche Projekt zu veröffentlichen. Also verkauft man bereits Zusatzinhalte, ohne das eigentliche Spiel fertiggestellt zu haben (so wie Entwickler Wildcard von ARK) – Sicherlich ist diese Vorgehensweise nie im Sinne der eigentlichen Idee gewesen.
Fazit
Und das eigentliche Problem: Während die Entwickler also recht munter und willkürlich mit dem Early Access Status umgehen können, bleibt den Usern keine Wahl: Nach dem Motto „Friss oder stirb“ muss dieser hinnehmen, wenn das gekaufte Early Access Game letztlich nie veröffentlicht wird, denn er wusste ja, auf was er sich einließ. Leider sind Early Access Titel heute keine Ausnahme, sondern mehr und mehr Alltag. Sogar größere Entwickler steigen in den „Trend“ mit ein und nutzen alle Vorteile des Early Access, denn plötzlich kann man unfertige Games veröffentlichen, ohne das Bugs oder fehlende Inhalte bemängelt werden können, immerhin ist das Spiel ja noch nicht fertig, eben Early Access. Darum ist Early Access leider kein Segen für die Gameswelt, denn viel zu oft wird das Konzept missbraucht und einfach zu unbedarft angewandt. In Zukunft sollten wir kritischer mit dem Thema Early Access umgehen, denn ansonsten werden regulär veröffentlichte Spiele oder überhaupt fertiggestellte Titel zu Seltenheit, und das kann nicht unser Ziel sein.
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