Steam VS EPIC – Der Kampf um Marktanteile und warum wir Spieler davon nicht profitieren

Die letzten Monate sind von der Kontroverse um den EPIC Store geprägt, welcher einen aggressiven Expansionskurs fährt, um sich weitere Marktanteile in der von Steam geprägten PC-Videospiel-Welt zu sichern. Zunächst lockte EPIC vor allem mit kostenlosen Titeln, welche über den eigenen Store in Aktionen verschenkt wurden. Entwickler sollen wiederum mit besseren Konditionen für den Shop gewonnen werden, was in zahlreichen Exklusiv-Deals endete. Große Titel wie Metro: Exodus, Anno 1800, The Outer Worlds oder jüngst Borderlands 3 wanderten entsprechend von Steam ab, um exklusiv oder zeit-exklusiv bei EPIC an den Start zu gehen.

Die Spielerschaft ist gespalten; Während die einen eine erstarkende Konkurrenz für Steam begrüßen, kritisieren andere die Methoden von EPIC, aber auch den Zustand des EPIC Store selbst. Aber was steckt da eigentlich dahinter? Ich möchte in diesem Beitrag einige Aspekte dieser Debatte näher beleuchten und auch meine Meinung dazu abgeben, ohne dabei Objektivität und Differenziertheit aufzugeben oder mich in emotionalen Argumenten zu verlieren. Fangen wir also an!

Konditionen und Deals

Zunächst; Distributionsplattformen wie Steam verdienen Geld damit, dass sie einen Anteil der Einnahmen der auf der Plattform verkauften Inhalte einbehalten. Dafür Stellen diese Dienste die Plattform, wickeln die Verkäufe ab und bieten, in Falle von Steam, ein recht umfangreiches Angebot an Features (dazu später mehr). Bei Steam beträgt dieser Anteil 30%, sodass Entwickler bzw. Publisher, welche ihre Titel direkt über Steam verkaufen, 70% erhalten.

EPIC bietet hier bessere Konditionen und behält lediglich 12% ein, Entwickler und Publisher welche über den EPIC Store verkaufen, erhalten also 88% der Einnahmen. Hier muss man nicht groß diskutieren, dass diese grundlegenden Konditionen für Spieleentwickler deutlich attraktiver sind, einfach weil sie für jeden Verkauf ein größeres Stück vom Kuchen erhalten.

EPIC geht dabei noch einen Schritt weiter, um die Industrie auf den eigenen Store zu bekommen. Dabei werden mit den Publishern Deals ausgehandelt, welche so attraktiv sind, dass diese exklusiv zu EPIC wechseln. Wie genau diese Deals aussehen, bleibt meist natürlich im Dunkeln. Sicher ist aber, dass hier eine Menge Geld fließt und dass diese Deals aktuell nicht wirtschaftlich für EPIC sein können. Es geht hier um knallharte Promotion-Aktionen, um Marktanteile zu gewinnen und die User-Zahlen weiter in die Höhe zu treiben. Ein solches Vorgehen ist weit verbreitet: Zunächst wird im großen Stil investiert, um Marktanteile zu „erobern“, um erst später und auf lange Sicht Gewinne zu erzielen.

Gekaufte Exklusivität

EPIC ist in einer solchen Investitionsphase, was bessere Konditionen, kostspielige Deals und verschenkte Spiele erklärt. Dass diese Konditionen und Angebote langfristig in dieser Form beibehalten werden können, darf bezweifelt werden. Dennoch stehen die Sachen aktuell eben so, dass EPIC die Mittel für diesen aggressiven Expansionskurs besitzt, was sich besonders durch die vielen Exklusiv-Deals bemerkbar macht. Diese erkaufte Exklusivität kann dauerhaft, geteilt oder zeitlich begrenzt sein:

  • Dauerhaft: Titel werden auf dem PC ausschließlich und dauerhaft über den EPIC Store angeboten.

  • Geteilt: Titel werden auf dem PC nur im Publisher Store (oder anderen, ausgewählten Stores) und dem EPIC Store angeboten.

  • Zeitlich begrenzt: Titel werden auf dem PC für einen bestimmten Zeitraum (meist 6-12 Monate) exklusiv im EPIC Store angeboten.

Hier einige Titel, welche exklusiv im EPIC Store erscheinen:

Titel:Exklusivität:
Anno 1800Auf UPlay und EPIC Store, verschwand von Steam
Borderlands 3Zeitexklusiv (bis April 2020)
Detroit: Become HumanZeitexklusiv (Für 12 Monate)
Heavy RainZeitexklusiv (Für 12 Monate)
JourneyDetails noch unbekannt
Metro: Exodus Zeitexklusiv (bis zum 14.02.2020)
Telltale’s The Walking Dead: The Final SeasonExklusiv
The Division 2Auf UPlay und EPIC Store, verschwand von Steam
The Outer Worlds Im Microsoft Store und Epic Store, Zeitexklusiv (Für 12 Monate)
The Sinking CityDetails noch unbekannt
World War ZDetails noch unbekannt

 

Mit diesen Titeln will EPIC neue Spieler auf den eigenen Store locken. Es ist diese erkaufte Exklusivität, welche viele Kritiker hervorheben. Schaut man auf die Anfänge von Steam zurück, können in dieser Kritik durchaus Parallelen gefunden werden. Als Steam sich weiter im Markt etablierte und zahlreiche Anbieter ihre Titel nur noch mit Steam anboten, wurde ebenfalls der Steam-Zwang kritisiert, also eine Exklusivität für Steam.

Steams Monopol-Stellung

Die Sache ist ja diese; Steam hat auf dem PC-Markt eine gefährliche Monopol-Stellung eingenommen, ohne dabei gegen wirkliche Konkurrenten ankämpfen zu müssen oder Entwickler und Publisher mit festen Verträgen an sich zu binden. Valve schuf mit Steam in der richtigen Zeit das passende Angebot und irgendwie schaffte man es über die Jahre, zu diesem Giganten zu werden, welcher wie kein anderer den Videospiel-Markt auf dem PC prägt. Steam ist dabei ganz sicher nicht das gelobte Land der PC-Spieler und es gibt endlos viele Dinge an Valves Plattform zu kritisieren. Vor Jahren schrieb ich davon, ob Steam nun eher Segen oder Fluch wäre. Dennoch ist es so, dass Valve noch nie dazu aufforderte, Spiele exklusiv auf Steam zu veröffentlichen. Ein gewichtiger Unterschied. Der Erfolg von Steam liegt im natürlich gewachsenen Umfang und der Nutzerfreundlichkeit.

Steam bietet seinen Nutzern Cloud Saves, Foren, Gruppen, die Option Geschenke zu machen, Mod-Support samt eigenem Workshop-System, Offline-Play, Nutzerwertungen, VR- und wachsenden MacOS sowie Linux-Support, Wunschlistenfunktion, die Möglichkeit einfach Screenshots aufzunehmen, Inhome-Streaming, regionale Preisgestaltung, 2-Faktor-Authentifizierung und so weiter. All diese Features bietet der EPIC Store aktuell nicht oder nur bedingt und das ist an dieser Stelle nur eine fixe Aufzählung. Für die Nutzer ist Steam aufgrund dieser Features in den letzten Jahren immer attraktiver geworden. Das ist auch der Grund, warum bisher kein anderer Store an der Monopol-Stellung kratzen konnte, einfach weil die User Steam gerne nutzen. Weiterhin hat die jahrelange Monopol-Stellung auch dafür gesorgt, dass viele einen Großteil ihrer Spiele auf Steam haben, ein Wechsel auf andere Plattformen auch deshalb weniger interessant ist.

Auch darf Steam als Werbeplattform für ein Spiel nicht unterschätzt werden. Die Sichtbarkeit im Store, welche eine sehr große, kaufkräftige Spielerschaft anspricht, sollte immer bedacht werden. Weiterhin bietet Steam Publishern und Entwicklern die Möglichkeit, Keys für die Plattform zu generieren und diese selbst zu vertreiben. Diese Keys können dann auf der eigenen Seite, aber auch über Key-Seller angeboten werden, ohne dabei die 30% an Steam abtreten zu müssen. Wird direkt über die eigenen Plattformen verkauft, können hier bis zu 100% des Preises eingestrichen werden, während bei Deals mit Keyhändlern individuelle Vereinbarungen getroffen werden, welche aber wohl ganz sicher besser als die 30% bei Steam sein sollten. Das zeigt auch, dass die Exklusivität auf Steam zwar bestehend, aber eben auch relativ ist. So findet man für viele Spiele auf Steam zahlreiche Angebote von verschiedenen Händlern, welche unterschiedliche Rabatte gewähren, trotz der eigentlichen Monopolstellung.

Features:

Steam

EPIC Store

Account Sharing

Ja

Nein

Achievements

Ja

Nein

Cloud Saves

Ja

Nein

Foren

Ja

Nein

Freundeslisten und Chats

Ja

Ja

Geschenke

Ja

Nein

Linux- MacOS-Support

Ja

MacOS

Offline Spielen

Ja

Nein

Mod-Support

Ja

Nein

Regionale Preisgestaltung

Ja

Nein

Screenshot-Tool

Ja

Nein

Nutzer-Reviews

Ja

Nein

VR-Support

Ja

Nein

Wunschliste

Ja

Nein

Streaming auf andere Geräte

Ja

Nein

Support von Drittanbieter Keys

Ja

Nein

Das große Ganze sehen

Betrachten wir nun diese Features, also vor allem die, welche der EPIC Store aktuell nicht bietet, sollten wir kurz auf die Konditionen zurückkommen. Denn es ist ja nicht so, dass Publisher und Entwickler nicht ebenso von diesen Features, welche von Steam zur Verfügung gestellt werden, profitieren. Die 30% welche Steam einbehält, müssen eben auch an diesen Features gemessen werden. Es ist zudem auch nicht so, dass Valve mit seinen 30% eine ausbeuterische Summe aus dem Hut gezogen hätte. Betrachten wir den Einzelhandel mit seinen Margen, war (und ist) Steam eine lohnende Alternative und für PC-Spiele längst wichtiger als der Einzelhandel. Weiterhin sind diese 30% für Distributionsplattformen jeglicher Art üblich.

Das soll wiederum nicht heißen, dass diese 30% feststehend oder nicht für Kritik zulässig wären. Keinesfalls. Ich wollte lediglich festhalten, dass man Steams 30% und EPICs 12% nicht einfach gegenüberstellen kann, ohne diese Zahlen im Zusammenhang zu deuten. Auch der Umgang mit diesen besseren Konditionen erreicht lediglich die Publisher, nicht aber die Spieler, da diese nicht von besseren Konditionen profitieren. Und da sind wir wieder beim Punkt der Exklusivität angelangt. EPIC hat sich aktuell scheinbar dazu entschlossen, zunächst die großen Publisher ins Boot zu holen und über deren Titel Nutzer zu ziehen, nicht über die Qualität des Stores.

Denn betrachten wir den EPIC Store ganz nüchtern, kann dieser im aktuellen Zustand nicht überzeugen. Unübersichtlich, mit einer ernüchternden Feature-Armut und technischen Problemen ausgestattet, ist die Nutzung keine schöne Angelegenheit. Nun ist das nichts ungewöhnliches für einen jüngeren Store und keine Sache, die einige Patches und konsequente Weiterentwicklung nicht beheben könnten. Doch durch die Exklusiv-Deals werden Spieler nun angehalten, ihren vertrauten und technisch aktuell einfach deutlich besseren Store zu verlassen. Damit schafft man keine gesunder User-Base, sondern eine toxische Atmosphäre, die sich aktuell in den Kommentarspalten viele Portale und Twitter Feeds wiederspiegelt.

Fazit

Die Publisher kommen so lange, solang das nötige Geld fließt. Loyalität der Spielerschaft wiederum, diese kann man sich nicht erkaufen und auch geschenkte Spiele ändern daran nichts. EPIC müsste daran arbeiten, dass Nutzer ihren Store gerne nutzen, nicht dazu genötigt werden. Aber aktuell wird hier ein Weg beschritten, welcher EPIC nicht zu einem konkurrenzfähigen Store gegenüber Steam machen wird, einfach weil man auf dem Rücken der User um Marktanteile kämpft, die man ohne eine loyale Fanbase nicht halten können wird. Und dabei geht es nicht darum, dass Steam die beste Plattform der Welt wäre, welche unumstößlich an der Spitze zu stehen hat. Im Gegenteil. Steam hat weiterhin ein ausgeprägtes Verbesserungspotenzial und ist alles andere als unumstößlich, was die Monopol-Stellung anbelangt. Doch muss man Kunden gewinnen, nicht nötigen. Das ist EPICs Fehleinschätzung. EPIC wäre langfristig wohl deutlich gefährlicher für Steam, würde das Geld für Exklusiv-Deals eher in den technischen Ausbau des Stores fließen. Behält EPIC den aktuellen Kurs bei, so wird Steam seine Monopol-Stellung auch weiterhin behalten, während Spieler unter Exklusiv-Deals zu leiden haben.

Johann von Ti
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