Assassin’s Creed: Werbung in Vollpreisspielen – Warum Ablehnung so wichtig ist

Screenshots aus dem Spiel Assassin's Creed Odyssey. Zu sehen ist eine grüne Landschaft. Über diese legt sich halb transparent eine Werbeanzeige für Assassin's Creed Mirage. Im Vordergrund ist eine schreiende Medusa zu sehen, die den Betrachter anschreit.

Werbung mitten im Spiel? Free2Play-Games und Smartphone-Spiele haben es längst zur gängigen Praxis erhoben, das Gameplay zugunsten diverser Werbeunterbrechungen zu zerstückeln. In Vollpreistiteln blieben wir bislang davon verschont, doch Ubisoft wagte einen sachten Vorstoß.

Werbung mitten im Spiel

Stellt euch vor, ihr seid gerade in einem eurer Lieblingsspiele unterwegs. Das Spiel hat euch komplett in seinen Bann gezogen und im Kopf seid ihr in fremden Welten unterwegs … bis euer Spielspaß von einer Werbung unterbrochen wird. Klingt saublöd? Für einige Assassin’s-Creed-Spieler wurde es zur Realität.

Auf Reddit berichtet der User triddell24 von einem erstaunlichen „Phänomen“. Er spielte munter Assassin’s Creed Odyssey und wollte die Karte öffnen. Doch statt der Map der Spielwelt prangt zunächst eine fette Werbeanzeige auf seinem Bildschirm:

Screenshot aus einem Video von Assassin's Creed Odyssey. Zu sehen ist Pop-Up-Werbung für Assassin's Creed Mirage, welches im Black Friday Sale 20 Prozent Rabatt erhalten hat.

Statt der Ingame-Map öffnete sich zunächst diese Werbeanzeige, die sich nach wenigen Sekunden wieder schloss. Bild: triddell24 auf Reddit

Assassin’s Creed Mirage ist mit 20 Prozent Rabatt im Black-Friday-Sale zu haben. Nach wenigen Sekunden verschwindet das Banner wieder und gibt endlich den Blick auf die Weltkarte frei.

Auch andere User berichteten von der aggressiven Werbeinblendung, die sich in unterschiedlichen Assassin’s-Creed-Spielen beim Öffnen der Karte auftat.

Ubisoft rudert schnell zurück

Nachdem das Thema für Aufsehen sorgte und sich die Kritik unter den Postings auf Reddit, X und anderen Plattformen häufte, ruderte Ubisoft schnell wieder zurück.

In einem offiziellen Statement sprach Ubisoft von einem technischen Fehler. Fabien Darrigues, Director of Global Communications bei Ubisoft, gab gegenüber The Verge an, dass die Werbeanzeige unbeabsichtigt ausgelöst und der Fehler sofort behoben wurde:

Wir sind darauf aufmerksam gemacht worden, dass einige Spieler gestern beim Spielen bestimmter Assassin’s Creed-Titel auf Pop-up-Werbung gestoßen sind. Dies war das Ergebnis eines technischen Fehlers, den wir sofort behoben haben, als wir von dem Problem erfuhren.“

Weiter heißt es, dass die Anzeige ursprünglich im Hauptmenü des Spiels ausgespielt werden sollte. Keine neue Praxis: Diverse Spiele zeigen mittlerweile Werbung für DLCs oder Nachfolger in ihren Hauptmenüs. Ob Werbung etwas in den Menüs von Vollpreistiteln zu suchen hat, ist eine andere Geschichte.

War das nur ein Test?

Doch ich kaufe Ubisoft diese Ausrede nicht wirklich ab. Werbung in den Menüs von Assassin’s-Creed-Spielen ist kein Novum. Wie man es dann „versehentlich“ schafft, die Werbung vom Menü in das laufende Spiel zu transferieren und sie gezielt durch das Öffnen der wichtigen Map auszuspielen, bleibt ein Rätsel.

In meinen Augen hat man hier schlicht den Wasserstand gemessen. Wie weit können wir gehen? Diese Frage treibt die Videospiel-Industrie seit vielen Jahren immer stärker an. Was machen die Spieler alles mit und wie schnell können wir die Daumenschrauben anlegen?

Die eindeutige Rückmeldung der Spieler hat Wirkung gezeigt. Der „technische“ Fehler wurde behoben und die nervige Werbung vom laufenden Spiel zurück ins Hauptmenü verbannt. Vorerst bleiben wir also von solcher Werbung verschont … vorerst.

Denn wenn wir ehrlich sind, war das nur ein Blick in die Zukunft. Ein Test, ob solche Werbemaßnahmen bereits von der eigenen Spielerschaft toleriert wird. Nun wird man daran arbeiten, diese Toleranz zu schaffen und es in einigen Jahren erneut versuchen. Werbung mitten in Vollpreisspielen wird uns erreichen – es ist schlicht eine Frage der Zeit.

Kein neues Vorgehen der Spieleindustrie

Diese Spielchen kennen wir bereits. Die Industrie versucht immer wieder die Grenzen auszuloten und ihrer Spielerschaft mit neuen Wegen Geld aus den Rippen zu leiern.

Ich möchte euch an dieser Stelle an ein Mittelerde: Schatten des Krieges erinnern. Das eigentlich großartige Vollpreisspiel erschien zunächst mit Mikrotransaktionen und Lootboxen. Assassin’s Creed selbst nutzt ebenfalls diverse Mikrotransaktionen in ihren Spielen, aber zumindest auf Lootboxen hat man bislang verzichtet.

Screenshot aus dem Spiel Mittelerde: Schatten des Krieges. Zu sehen ist ein Kaufmenü, in dem Lootboxen für eine Ingame-Währung gekauft werden konnten.

Mittlerweile wurden die Mikrotransaktionen aus dem Vollpreisspiel Mittelerde: Schatten des Krieges verbannt, aber zum Release gab es eine kaufbare Ingame-Währung samt Lootboxen.

Oder Bethesda, welche die Modding-Szene kurzerhand kommerzialisieren und dabei ordentlich abkassieren wollten. Mods gegen eine undurchsichtige Mod-Store-Währung. Auch andere Entwickler verlagern ihren Mod-Support in den letzten Jahren verstärkt auf eigene Plattform-Konstrukte. Wohin das führen wird, hat Bethesda bereits gezeigt.

Und jetzt ist es eben Ubisoft, die testen, ob Werbeanzeigen mitten im Spiel auf Widerstand stoßen, oder ob man seine Anzeigen zunächst noch im Hauptmenü verweilen lässt.

Die Ablehnung von uns Spielern ist wichtig

Die Reaktion der Spieler fiel in all diesen Szenarien äußerst kritisch aus. Und diese geballte Ablehnung ist enorm wichtig! Die Empörung ist ein wichtiges Kommunikationsmittel mit Brands, um schnell einen Kurzwechsel einzuleiten.

Denn an der Kasse zeichnet sich Kritik der Fans nur zäh ab. Erst wenn beachtliche Qualitätseinbußen oder Sättigungserscheinungen feststellbar werden, verzichtet ein spürbarer Anteil der Zielgruppe auf den Kauf. Das kann Jahre und zahlreiche schlechte Spiele dauern, bis eine einstige Glanzmarke tatsächlich verminderte Verkaufszahlen spürt.

Ein Aufschrei kann das schneller und verschafft uns als Konsumenten Zeit. Zeit, in der sich die Firmen neue Wege und Möglichkeiten überlegen, uns sachte an mehr Werbung, mehr Mikrotransaktionen und mehr DLCs heranzuführen.

Doch diese Zeit ist wertvoll und schafft Raum für Spiele wie Baldur’s Gate 3, die ganz ohne solche Machenschaften Erfolge verzeichnen. BG3 kann man unzählige Male durchspielen und ohne einen zusätzlichen Cent auszugeben stundenlang Spaß haben.

Und das ist ebenfalls enorm wichtig. Es präsentiert den Firmen, aber auch den Spielern, dass es auch anders geht. Dass der endlose Teufelskreis verstärkter Monetarisierung keine Notwendigkeit darstellt, um kommerziell erfolgreiche Produkte zu liefern, die zugleich den Spielern gefallen.

Darum ist es so wichtig, dass wir als Spieler klarmachen, dass wir nicht alles mit uns machen lassen. Und zwar mit solchen klaren Reaktionen. Denn sobald solche Methoden erst einmal Fuß gefasst haben, werden wir sie nie wieder los.

Ich hoffe, dass wir Werbung mitten in Vollpreisspielen noch lange aufschieben können. Letztlich wird man es wieder versuchen und sicherlich gibt es auch schon Games, die das praktizieren, die ich schlicht nicht auf dem Schirm habe. Aber wenn es in den nächsten Jahren nicht zum Standard werden würde, wäre schon viel gewonnen.

Was denkt ihr: Hat Ubisoft die Werbeanzeige versehentlich ins laufende Spiel integriert, oder war es ein Test für die Akzeptanz der Spieler? Was haltet ihr von Werbung in Games und vor allem Vollpreisspielen? Ich bin auf eure Meinung in den Kommentaren gespannt!

Johann von Ti
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