Videospiele kann man nur noch herunterladen

Auf dem PC werden Games nur noch online über Download bezogen – Der Retail-Markt stirbt aus.

In der Welt der Videospiele hat schon lange ein Wandel eingesetzt, welcher dazu führt, dass der Gang ins Elektronikgeschäft unseres Vertrauens immer seltener wird. Während ich in meiner Jugend gerne die langen Regale eines Saturns entlang schlenderte und mir gefühlte Ewigkeiten die Cover und Beschreibungen diverser Games zu Gemüte führte, bleibe ich heute eher ernüchternd in der „Games“ Abteilung stehen und lasse nur einen flüchtigen Blick schweifen. Die „Top 10“ Games, zumeist Titel aus dem AAA-Bereich, ein paar „ältere“ Titel welche über Green Pepper vertrieben werden und ansonsten noch eine Reihe diverser Games, die man letztlich fast an der Hand abzählen kann. Natürlich gibt es dann noch diese Reihe mit den Casual Games, wo man einige dieser „Wimmelbild“-Spiele findet und dann hat man als PC-Spieler eigentlich schon alles gesehen.

Download-Plattformen wachsen beständig

Games spielen im Einzelhandel längst eine untergeordnete Rolle und führen ein gewisses Nischendasein. Diese Entwicklung ist kaum verwunderlich, immerhin haben die Entwicklungen in der Videospiel-Industrie innerhalb der letzten Jahre massiv dazu geführt, dass Games über andere Wege vertrieben und von den Kunden bezogen werden. Einer der wichtigsten Aspekte sind Online-Plattformen wie Steam, über welche nicht nur Spiele gekauft, sondern auch heruntergeladen, verwaltet und aktuell gehalten werden können. Valves Steam kann dabei mit einem massiven Angebot glänzen und bietet mehrere tausend Spiele an, wobei hier fast täglich neue Titel hinzugefügt werden. Weiterhin locken periodische Sales (zum Beispiel die großen Aktionen im Sommer und Winter) zahlreiche Nutzer auf die Plattform. Steam ist beliebt, so konnte die große Verkaufsplattform 2015 über 125 Millionen Nutzer zählen – Und diese Nutzer spielen nicht nur die Games über Steam, sie kaufen sie vermehrt auch direkt dort. Ich selbst habe über 300 Titel in meiner Steam Bibliothek, wobei nur ein Bruchteil aus dem Einzelhandel stammt – Die große Mehrheit habe ich direkt online erstanden oder über entsprechend online gekaufte Keys eingelöst und direkt über Steam heruntergeladen. Neben Steam haben sich auch andere Plattformen in diesem Stil etabliert – EAs Origin, Ubisofts Uplay und die DRM-freie Alternative GOG sind wohl die größten Vertreter, aber längst nicht die einzigen, wie zum Beispiel topusenet im Beitrag Games downloaden aufzeigt.

Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, wann ich ein Spiel zuletzt über einen klassischen Datenträger installiert habe. Auch das ist kein Wunder – Selbst wenn man heute ein Spiel mit entsprechender Disc im Einzelhandel ersteht, führt selten ein Weg an Plattformen wie Steam, Origin oder Uplay vorbei – Das Spiel muss zumeist dort registriert werden und selbst wenn der Datenträger eine Installation ermöglicht (immer öfter findet man auch nur noch Produktschlüssel in den Spiele-Hüllen), muss man so gut wie immer Patches herunterladen, welche teilweise erschreckende Größen annehmen – 30-40 GB „Day One Patches“ sind bei vielen AAA-Titeln leider keine Seltenheit. Ohne Download geht zumeist nichts, weil viele Spiele über besagte Plattformen auf den neuesten Stand gebracht werden müssen, um diese starten zu können.

Retail-Versionen sterben aus

Der klassische Retail-Version wurde für den PC schlicht und konsequent wegrationalisiert, denn statt von der DVD auf teurere Datenträger wie den Blu-rays zu wechseln, werden die Spiele eben faktisch auf den Download ausgelagert. Oft sind auf den Datenträgern dann nur ein Bruchteil der Spieldaten oder sogar nur ein kleines Installationspaket, mit dem der zugehörende online Dienst für den Download installiert wird. Mich persönlich traf es damals bei StarCraft 2: Legacy of the Void; Ich wohnte noch auf dem Land – Das Internet war mit einem Datenvolumen versehen und wurde nach 40 GB gedrosselt. Ich wollte mir einen massiven Download ersparen und kaufte mir die Retail-Version im Laden – Aber Pustekuchen – Statt den Spieldaten wurde lediglich Blizzards Launcher gestartet und der entsprechende Download eingeleitet. Auch sonst haben Retail-Versionen einen schlechten Stand – Handbücher sind heute eine wahre Seltenheit, aus einst dicken Nachschlagewerken mit Hilfen, Illustrationen und Hintergrundinformationen sind zunächst dünnere Heftchen und dann einfache Zettel geworden. Heute sparen sich die meisten Publisher jegliche Beilage und man findet nur noch einen abgedruckten Aktivierungsschlüssel. Auch Goodies wurden (wenn es überhaupt welche gibt) komplett auf teure Special Editions ausgelagert, sodass der Kauf eines Spiels im Elektronikmarkt keinerlei Vorteile mehr mit sich bringt – In vielen Fällen muss man hier sogar mehr zahlen als online.

Ohne Internet geht es nicht mehr

Diese Entwicklung trifft all jene, welche über keine gute Internetanbindung verfügen oder Verträge haben, bei welchen sie nach bestimmten Verbrauch des Datenvolumens gedrosselt werden. Tatsächlich steht Deutschland in der flächendeckenden Abdeckung mit schnellem Internet recht schlecht da, weil besonders ländliche Gebiete über kaum oder stellenweise sogar keine guten Internetanbindungen verfügen. Dennoch geht der Markt längst davon aus, dass wir über schnelles Internet verfügen, denn die Mehrheit der Videospiele lassen sich auch nur als Download beziehen. Zudem sorgen digitalisierte Finanzierungsmodelle wie der Vertrieb von DLCs, der Free to Play Ansatz oder Mikrotransaktionen dafür, dass man ohne schnelle Leitung viele Angebote des Marktes gar nicht wahrnehmen kann. Zudem werden Mehrspieler-Titel beständig mit neuen Updates versorgt, um neue Inhalte ins Spiel zu bringen, aber auch um Details anzupassen und so für ein verbessertes Spielgefühl zu sorgen. Spiele wie StarCraft oder Counter Strike leben davon, dass der Entwickler beständig dafür sorgt, dass eine Balance im Spiel herrscht und Cheater erkannt und bestraft werden. Ein „Zurück“ vom „always on“ Gedanken ist nicht nur unrealistisch, sondern auch nicht mehr zeitgemäß.

Aber natürlich sind nicht allein Videospiele von diesen Entwicklungen betroffen; Längst werden Musik und Filme nicht mehr primär über physikalische Datenträger vertrieben, mehr und mehr Plattformen bieten digitale Einkäufe oder Streaming-Angebote, bei welchen der Kunde die gewünschten Unterhaltungs-Medien direkt auf seinem Endgerät nutzen und abspielen kann. Auch hier kann der altgediente Einzelhandel kaum mithalten; Besonders Serien sind meist lange vor dem DVD-Release nur online über Streams verfügbar und einige werden auch überhaupt nicht mehr auf „klassischem“ Wege vertrieben.

Man muss sich klar machen; Digital ist nicht nur die Zukunft, längst ist unsere Gegenwart digital geworden. Viele Systeme funktionieren ohne das Internet nicht mehr und wer nicht online ist, wird zwangsläufig auf einen beträchtlichen Anteil des Marktes verzichten müssen, zumindest wenn es um Medien wie Videospiele, aber letztlich sogar Filme und Musik geht. Das muss man nicht schön finden, aber wer es ignoriert, kehrt dem Fortschritt den Rücken.

Johann von Ti
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