Hätte man mir vor ein paar Jahren erzählt, dass ich regelmäßig an Brettspielabenden teilnehmen würde, hätte ich wohl nur verständnislos abgewunken. Brettspiele waren für mich lange Zeit als eine besonders langweilige Form des Spielens abgestempelt gewesen, einfach weil sie so wenig spielerische Tiefe boten. Dass das ein Trugschluss war, erkannte ich aber erst in den letzten Jahren, nachdem ich über meinen äußerst eng gezogenen (Brett)Spiel-Horizont hinausgeblickt hatte.
„Die Siedler von Catan“ war eines der wenigen Brettspiele, die ich schon als Kind mit größter Begeisterung spielte. Besonders in Urlauben avancierte das illustre Siedeln in Catan zu einem soliden Abendprogramm, welches das bekannte „nur noch eine Runde“-Feeling in meine analoge Spiel-Welt brachte. Doch mit voranschreitendem Alter war das Spielen mit der Familie, aber auch Brettspiele generell, nicht mehr wirklich interessant und Catan verschwand aus meinem Blick. Es brauchte einige Jahre, bis ich wieder auf den alten Spuren wandeln sollte.
Zurück zu den Anfängen
Anlässlich eines Geburtstages einer Kommilitonin suchten wir, ich will zugeben schon etwas verzweifelt und natürlich wieder einen Tag vor dem Geburtstag selbst, ein passendes Geschenk. Nach ewiger Suche in der Innenstadt und dem Abklappern zahlreicher Geschäfte, fanden wir uns vor einem Regal mit Brettspielen wieder und die Idee erwuchs, dass ein nettes Brettspiel genau das richtige sein könnte. Als ich dann die ollen Siedler erblickte, stand der Entschluss und die Renaissance der Brettspiele in unserem Freundeskreis war eingeleitet.
Schon kurz darauf entwickelte sich Catan zu einem Dauerbrenner und wir siedelten unzählige Male auf der kleinen Insel. Die Siedler von Catan entwickelt sehr schnell eine wunderbare Dynamik, welche unterschiedlichste Spieldurchläufe ermöglicht und lange Zeit für eine Menge Spaß am Spiel sorgt. Die Tatsache, dass die Welt jedes mal ein wenig anders angeordnet ist, aber auch, dass unterschiedlichste Taktiken zum Sieg führen können, hielt uns sehr lange bei der Stange. Aber ich bin auch ehrlich, nicht ewig. Nach einigen Monaten regelmäßigen Spielens erstarkte der Wunsch nach Abwechslung, wobei zunächst die Erweiterungen für Catan ins Auge gefasst wurden. Doch es kam ein wenig anders…
Der zähe Kampf um den Eisernen Thron
Ich hatte mir bereits Jahre zuvor das Spiel „Der Eiserne Thron“ (ein recht komplexes Game of Thrones Brettspiel) zugelegt, welches ich nun ausprobieren wollte. Und wenn ich hier „recht komplex“ schreibe, dann meine ich wirklich verdammt hart für Einsteiger. Die ersten Runden (ja, Plural) waren primär das Auslegen und verstehen der Basis-Regeln, bevor wir uns langsam an ein reguläres Spielen herantasten konnten. Der Vorteil eines so komplexen Systems sind die daraus resultierenden, spielerischen Möglichkeiten, welche besonders die beinharten Strategen unter uns begeisterten und für spanende Runden sorgten. Jedoch war der Einstieg so mühsam und langwierig, dass der Der Eiserne Thron für eine entspannte Runde am Wochenende fast zu komplex war. Eine schnelle Runde war unmöglich und nach gut einer oder zwei Wochen zwischen den Spielsitzungen waren viele der Regeln bereits vergessen, auch weil die Spielanleitung nicht immer sehr präzise daherkam. So sollte ein weiteres Brettspiel, quasi als seichtere Alternative, auf unserem Tisch landen.
Risiko in der Mittelalter-Variante
Es war Risiko Europa, eine abgewandelte Risiko-Version, die uns nun beherrschen sollte. Als Alternative angedacht, wurde es, ähnlich wie zuvor Catan, zum festen Programm unserer Gruppe. Obwohl uns allen Risiko als solches bekannt war, bot Risiko Europa spielerisch zahlreiche Anpassungen, die in meinen Augen für einen enormen Anstieg des Spielspaßes sorgten. Mit Infanterie, Fernkämpfern, Kavallerie, Belagerungswaffen und letztlich Festungen war diese Risiko-Version deutlich komplexer als das Original, letztlich aber kein Vergleich zum Eisernen Thron und schnell waren wir in stundenlangen Kampagnen gefangen, in welchen ständig wechselnden Bündnisse für knappe Entscheidungen und grandiose Momente sorgten. Erstaunlich, wie tief eine solche Runde den Spieler in seinen Bann ziehen kann. Etwas, was ich bei Videospielen immer seltener in dieser Intensität erlebe.
Der Startschuss für Pen & Paper
Und diese Erkenntnis brachte mich dazu, einen schon länger gehegte Idee zu verwirklichen; Pen & Paper. Die Spielergruppe war bereits etabliert, nach den positiven Brettspiel-Erfahrungen offen für neues und ich hatte die Motivation für den ersten Schritt. Erste Berührungspunkte hatte ich bereits über Videospiele wie Baldur’s Gate, Planescape: Torment und Neverwinter Nights, weshalb ich mich schnell auf Dungeons and Dragons als System einschoss. Also kaufte ich ein Einsteiger-Set und konfrontierte den Freundeskreis mit der Idee.
Die erste Reaktion war positiv, aber auch skeptisch. Einer der Sorgen war, dass die Regeln zu komplex, der Einstieg zu schwierig sein könnten. Der Eiserne Thron hatte Narben hinterlassen und keiner wollte, dass unser neues Spiel in mehr Arbeit als Vergnügen ausarten könnte. Ich war zunächst ebenfalls skeptisch. Wer noch nie Pen & Paper gespielt hat, hat zwar eine Vorstellung vom Spiel, aber wenig Verständnis für die Spiel-Mechaniken. Selbst wer sich einliest, wie ich es im Vorfeld tat, bleibt recht Ahnungslos, bis man das erste Abenteuer beginnt und wirklich spielt.
Und ich kann Euch verraten; Jegliche Skepsis war innerhalb kurzer Zeit verfolgen und wir hatten nicht nur einen Abend, sondern einen ganzen Tag ein fantastisches Spielerlebnis. Es war großartig, wie schnell wir als blutige Anfänger einen Einstieg ins Spiel fanden. Auch wurde mir als Spielleiter sofort klar, dass das hier viel mehr war, als die bekannten Spiele. Ganz ohne Grenzen konnten die Spieler alles tun, was sie wollten, was ich direkt zu spüren bekam. Näheres dazu in einem separaten Beitrag zu D&D.
Ich war zumindest ein wenig verblüfft, dass da neben der Welt der Videospiele, die ich so sehr schätze, diese Spielsysteme ebenso fesseln und begeistern können. Heute würde keines dieser Systeme, ob nun Videospiel, Brettspiel oder Pen & Paper über ein anderes stellen wollen. Jedes hat seine Reize und ganz besonderen Momente und ich bin froh, dass ich meinen Spiele-Horizont in diese Richtung erweitert habe.
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