Es ist schon seltsam – als Kind hatte man viel Zeit und konnte seine Videospiele zumeist an einer Hand abzählen. Heute platzen meine digitalen Spiele-Bibliotheken aus allen Nähten, während gar nicht genug Zeit bleibt, all diese Titel überhaupt zu spielen. Der berühmt-berüchtigte „Pile of Shame“ türmt sich auch bei mir und es wird einfach nicht besser. Mehr und mehr Games kommen auf unterschiedlichsten Plattformen hinzu, während meine begrenzte Freizeit weiter zu schrumpfen scheint. Ein Dilemma, welches vielen Usern vermutlich allzu vertraut erscheinen mag.
Als Kind hatte man viel Zeit und wenige Games
Besonders gut erinnere ich mich an Titel wie Stronghold, Anno 1602, Cossacks, Celtic Kings, Rome: Total War und Empire Earth – besagte Games liefen auf dem Familien-PC rauf und runter. Damals war die Anzahl der Spiele noch gut überschaubar. Neue Titel kamen nur selten hinzu und das war dann auch immer ein echtes Highlight für mich – etwa wenn ich mir zum Geburtstag ein neues Spiel im Saturn aussuchen durfte oder unter dem Weihnachtsbaum ein schon lange gewünschtes Game zu finden war. Und jeder neue Titel wurde ausgiebigst gespielt – dabei war es von Vorteil, dass das taktische Denken als Kind noch nicht so weit ausgeprägt war, sodass man an schwierigeren Missionen durchaus lange sitzen konnte, ja sie sogar manchmal gar nicht schaffte. In jedem Fall verbrachte man viel Zeit mit seinen Spielen und kostete diese voll aus.
Als Erwachsener hat man wenig Zeit und viele Games
Heute sieht das anders aus. Auch wenn ich noch wirklich viel Zeit mit diversen Videospielen verbringe, schaffe ich es längst nicht mehr, alle gekauften Titel voll auszukosten. Ganz im Gegenteil: Ein guter Anteil schlummert ungespielt in meinen diversen digitalen Bibliotheken und wartet darauf, dass sich ein Wurmloch auftut und mich mit zusätzlicher Zeit überschwemmt. Tatsächlich dünne ich meinen Pile of Shame immer mal wieder ein wenig aus, wenn ich Urlaub oder Semesterferien habe. Dann werden lange gehortete Games endlich installiert. Doch zwischen diesen Phasen kaufe ich auch ordentlich nach – was meine eigentliche „Problematik“ nur weiter verschärft und den „Stapel der Schande“ weiter erwachsen lässt.
Nie war das Angebot an Spielen größer
Die Ursachen lassen sich dabei durchaus verorten: Nie zuvor war das Angebot von Videospielen dermaßen groß wie heute. Täglich erscheinen neue Spiele, die zugleich über digitale Plattformen leicht und schnell bezogen werden können. Mit nur wenigen Klicks kann man sich mit eine ganzen Reihe von Titeln eindecken, ohne auch nur das Haus verlassen zu müssen. Natürlich gilt dieses „Überangebot“ nicht nur für Games – im Grunde betrifft es alle Medienangebote der heutigen Zeit.
Sales, Rabatte und Bundles
Was diesen Effekt noch weiter bestärkt sind die geringen Einkaufskosten, welche bei Videospielen anfallen. So werden Games zwar immer teurer, besonders AAA-Titel verzeichneten in den letzten Jahren einen klaren Preisanstieg, dennoch sorgen Rabattaktionen, Key-Händler, Sales und der Verkauf von „Bundles“, also ganzen Spiele-Paketen, für attraktive Preise (wenn man auf diese Angebote warten kann und möchte). Zusätzlich kann man zum Beispiel einen Kinguin Gutschein bei gutscheinsammler.de einsacken, um die Preise beim Key-Händler noch weiter zu senken. Dadurch können Spiele plötzlich zu einem Bruchteil des eigentlichen Verkaufspreises ergattert werden oder man erhält über die Bundles eine ganze Reihe von Spielen auf einen Schlag, ohne dass man sich überhaupt für alle Titel wirklich interessiert.
Die Verknappung von Zeit
Es war also noch nie leichter, Videospiele in großer Zahl zu horten: Einfache, digitale Vertriebswege gekoppelt an starke und auch zahlreiche Rabattaktionen sind die Hauptursachen. Zusätzlich wird eine Ressource heute immer knapper – Zeit. Familie, Job, Studium, Freunde – ja und zocken will man ja dann irgendwann auch noch. Es bleiben am Tag also nur wenige Stunden und auch das Wochenende ist nicht selten gut ausgelastet. Die Zeit die also zur Verfügung steht, will dann gut genutzt werden. Für mich heißt das auch oft, dass geliebte RPGs zurücktreten müssen, weil ich mit Freunden in einem Online-Spiel unterwegs bin – denn wenn schon mal alle Kollegen im TS ein wenig Zeit erübrigen können, will man diese Gelegenheit auch nutzen. Einzelspieler mit „Zeitfress-Faktor“ müssen sich also ganz hinten anstellen (neben den RPGs sind das vor allem die großen Open-World-Titel).
Nehme ich mir dann aber mal die Zeit für das RPG meiner Wahl, ist auch klar, dass dieses eben nicht in ein paar Sitzungen abgeschlossen sein wird. Stattdessen kann ich Monate in solche Spiele investieren, ohne dass das Ende in Sicht gerät. Ich verliere mich lieber in den vielen Nebenquests, jage Achivements hinterher und genieße die großartigen Welten. Zusätzlich haben viele Spiele auch noch einen Wiederspielwert – besonders großartige Games krame ich immer wieder hervor und investiere meine wertvolle Zeit in diese (ja Gothic 2, ich meine dich!). Dadurch wird die Verknappung der Zeit immer größer, während der Pile of Shame beständig anschwillt.
Ein echtes Luxus-Problem
Natürlich kann man nun an die eigene Disziplin appellieren: Wer keine Zeit hat, sollte auch keine Spiele kaufen – egal wie groß der Rabatt ist. Denn tatsächlich ist es ja auch so, dass die meisten Aktionen mehrmals im Jahr stattfinden – man eigentlich immer und zu jeder Zeit großartige Angebote und Sales in Anspruch nehmen kann. Druck, einen bestimmten Rabatt zu einer bestimmten Zeit mitzunehmen, gibt es eigentlich nicht. Und doch halte ich mich selbst nur selten an diese Grundsätze – zu verlockend die Angebote, zu hoffnungsvoll das Vertrauen in mein eigenes Zeitmanagement. Umso größer die Scham, welcher der Blick auf meinen stetig wachsenden Pile of Shame auslöst.
Auf der anderen Seite bin ich froh, dass ich zu so vielen tollen Spiele Zugang habe. Im Grunde könnte ich für jede Stimmung, jedes Interesse und jeden spontanen Impuls einen passenden Titel aus meiner Bibliothek picken – das verstehe ich durchaus als Luxus. Der kleine Junge in mir blickt mit großen Augen auf die vielen Spiele und fühlt sich ein wenig in die Zeit zurückversetzt, als er im Saturn die Regale ablief, um sich zum Geburtstag ein neues Spiel auszusuchen. Nur dass ich nun das ganze Regal besitze und mir jederzeit jeden Titel auswählen könnte – wenn ich denn Zeit dafür hätte.
Wie sieht es bei euch aus – wächst euer Pile of Shame ebenfalls oder geht ihr ganz anders damit um? Habt ihr vielleicht sogar Tipps, sodass sich ungespielte Games gar nicht erst ansammeln? Schreibt es gerne in die Kommentare – ich bin auf eure Meinung gespannt!
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Ich kaufe nur die Spiele die mich wirklich interessieren. Die packe ich auf meine Wunschliste und warte auf einen guten Preis bei Steam.
Allerdings habe ich eine zeitlang einige der günstigen Angebote bei gog gekauft, bis ich dann den Newsletter abbestellt habe. So weiß ich nichts von Angeboten und bin daher nicht versucht ihnen zu folgen.
Im Epic Games Store sammeln sich die Spiele dich ich kostenlos geholt habe, aber da sie kostenlos waren, zähle ich sie nicht zum Pile of Shame.
In dieser Hinsicht bin ich durchaus etwas „disziplinierter“. Habe zwar auch immer mal wieder ein paar Spiele „im Regal anstauben lassen“, aber gerade letztens erst TLoZ: Wind Waker auf’m Emulator endlich durchgespielt! Tatsächlich spielt bei mir dabei allerdings auch mein „Geiz“ ein wenig in meine Karten, insofern, dass ich oft zu knickerig bin, als das ich Geld für ein neues Spiel zahlen wollen würde (daher auch der Emulator – die ROM war ganz bestimmt nicht aus’m Netz gezogen…). Meine letzte Anschaffung war Bloodborne für stolze 20€, inkl. DLC sind wir bei 40€, und da bin ich bereits beim Base Game… Weiterlesen »
Ich bin ja froh, dass es nicht nur mir so geht… Alleine meine Steam-Bibliothek ist mit über 400 Games voll. Da hab ich echt keinen überblick mehr. Wie ein Messi lebt man da.